Category Archives: Wirtschaft, Arbeit u. Soziales

Investor State Dispute Settlement (ISDS) in 3 Minuten erklärt

List hatte gegen den absoluten Freihandel scharf opponiert, weil er praktisch zu einer wirtschaftlichen Versklavung selbst der potientiell leistungsfähigsten, aber ihrer zeitlichen Entwicklung nach aus wirtschaftlichen, oft auch politischen Gründen zurückgebliebenen Völker führen mußte. Sein Hilfsmittel, eine konsequente Schutzzollpolitik und ein System von Kräfte wie Interessen ausgleichender Handelsverträge ist … Ende der 70er Jahre durch Bismarck gegen heftige Widerstände der Freihandelspartei in Deutschland eingeleitet und von hier aus mit Ausnahme Englands in der gesamten Welthandelspolitik für die Folgezeit führend geworden. Namentlich die sich entwickelnde deutsche Industrie, aber auch unsere Landwirtschaft sollten hierdurch, letztere vor allen Dingen gegen den zu jener Zeit einsetzenden überseeischen Wettbewerb mit seinen billigeren Herstellungskosten, geschützt werden. Ein ausgedehntes Netz von Handels- und Meistbegünstigungsverträgen wurde die notwendige Folge dieses Schutzsystems. Dies bedeutete unstreitig gleichfalls eine grundsätzliche Durchlöcherung des liberalen Wirtschaftssystems, aber es stärkte unendlich die Entwicklung des nationalen Kapitalismus, wie ganz besonders auch seine glänzenden Erfolge in Deutschland bewiesen.” (Tschierschky, 1924. Wirtschaftsverfassung. S. 69)

Weblinks:

Union zeigt sich volksfremd

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Während die Nachrichten verlautbaren dass sich die Arbeitslosenquote derzeit auf dem niedrigsten Stand seit 2011 befindet, stehen die Menschen zu Monatsbeginn wieder bis vor den Toren des Jobcenters.

Genau zu diesem Zeitpunkt wird über ein Positionspapier der Christlichen Union berichtet, in dem sich die wahre Kluft zwischen den Ansichten einer bestimmten Politikerkaste und der Lebensrealität der Bürger offenbart. Die Meldung dass die Union Prämien für Hartz IV- Bezieher erwägt, die erfolgreich an Bildungsangeboten teilnehmen, wirkt auf mache wie eine Provokation.

„Berlin – In der Union gibt es Überlegungen, Hartz-IV-Empfänger mit Prämien zum Erreichen von Zielen wie etwa einem Bildungsabschluss zu motivieren. Das geht aus einem Positionspapier hervor, das SPIEGEL ONLINE vorliegt und über das zunächst die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” (“FAZ”) berichtete.“ (Spiegel Online. 31.10.14)

In der Praxis muss der Interessierte beim hiesigen Jobcenter lange für einen Weiterbildungsgutschein bitten und betteln, bis ihm dieser nach langem Hin- und Her schließlich versagt wird.

Dabei kann ich aus eigener Erfahrung sprechen. Persönliche Anträge auf einen Bildungsgutschein (vom 23.Juli, 01.November 2013, 16.April, 12.Mai und 28.Juli 2014) führen schließlich nach über einem Jahr Bearbeitungszeit zu einem Ablehnungsbescheid (12.August 2014).

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Bildungsangebote sollen bei hiesigen Bildungsträgern gemacht und vermittelt werden. Nach der Lektüre über das Geschäft mit der Bildung in der Mitteldeutschen Zeitung sind keine Fragen mehr offen.

Die Erfahrungen der anderen ALG II-Empfänger kann man u.a. auf folgender Webseite und dem Forum nachlesen.

Obwohl ich meinen Helfer-Job in Nacht- und Teilzeitarbeit auf Eigeninitiative gefunden und angetreten habe, erkundige ich mich später bei der Arbeitsagentur über die Möglichkeit geförderter Weiterbildung. Doch das Ergebnis fällt auch hier ernüchternd aus. “Da sie bei der Arbeitsagentur keine Leistungen beziehen, haben sie auch keinen Anspruch auf Förderung. Dazu empfehle ich Ihnen sich an das Jobcenter zu richten.”, heißt es dort.

Die Frage aber wen die Union mit der Botschaft „Prämien für Hartz IV-Empfänger“ erreichen will ist ungeklärt. Die von Arbeitslosigkeit Betroffenen oder eine bestimmte Wählerklientel, die durch solche Aussagen ihr Bild des faulen Hartz IV- Empfängers bestätigt sieht? Zumindest zeigt es wie nah diese Volkspartei am Bürger ist. Dabei sind Prämien sicher ein gutes Mittel Arbeitslose für eine gewisse Zeit ruhig zu stellen und Hoffnungen zu schüren, doch die Realität sieht leider ganz anders aus.

Seuchenartige Verbreitung der Verschwörungstheorien

Auf der Titelseite spricht DIE ZEIT über eine große Anzahl von Verschwörungstheorien.
Dabei werden die Verschwörungstheoretiker nicht der Lächerlichkeit preisgegeben, sondern versucht ihren Motiven auf den Grund zu gehen. Denn er sagt auch „solche Theorien knüpfen an Wahrheiten an“ und skizziert die geschichtliche Entwicklung menschlichen Erklärungsversuche mehr oder weniger zufällig stattfindender Ereignisse.

„Ihre wachsende Anhängerschar hat sich von Demokratie und öffentlicher Debatte abgewandt: Sie glaubt, alles sei «von oben» gesteuert…Solches Wissen befriedigt das Bedürfnis, unsere chaotische Zeit dem Verstand zugänglich zu machen. Oder zu erklären, warum man selbst immer wieder zu den Verlierern gehört: Irgendwer hat uns betrogen. Gut, zu wissen, wer! Das bevorzugte Medium für dieses Erleichterungswissen ist das Internet. Dort finden sich Gleichgesinnte in ihren Echokammern, sie fühlen sich nicht mehr allein und bestärken einander in ihrem Wahn.” (Gero von Randow. In: DIE ZEIT. 30.10.14. S.1)

AIDS und Ebola sei laut diesen Verschwörungstheoretikern in US-Geheimlabors erfunden. (vgl. Gero von Randow. In: DIE ZEIT. 30.10.14. S.1)
Eine Woche zuvor schreibt die gleiche Zeitung, Ebola komme eher selten vor und bis vor kurzem hatten sich immer nur ein paar Hundert Menschen zur gleichen Zeit angesteckt. (vgl. DIE ZEIT. 23.10.14)

Die Geschichte der Ebola-Verbreitung aus einem kleinen Dorf irgendwo Afrika nach Europa und Amerika.

Für die großen Pharma-Unternehmen war der Markt nicht attraktiv genug weiter viel Geld in die Erprobung eines Impfstoffes zu investieren. Schon vor zehn Jahren haben Wissenschaftler aus den USA und Kanada eine an Affen zu 100 % wirksame Impflösung gegen Ebola entwickelt, berichtet die New York Times. (Grady. In: NYT. 23.10.14) Aus Kostengründen haben weitere Test zu Wirksamkeit und Nebenwirkungen beim Menschen nicht stattgefunden. Ein paar tote Afrikaner rechtfertigen die Investition nicht. “There´s never been a big market for Ebola vaccines“ zitiert NYT den Ebola-Experten Thomas W. Geisbert der University of Texas Medical Branch in Galveston. Die Entwicklung eines Impfmittels bis zur Erprobung am Menschen und anschließenden Serienproduktion koste eine gute Milliarden Dollar, so Dr. James E. Crowe Jr, Direktor eines US-Forschungslabors. Das Geld muss schließlich wieder reingeholt werden. Bei ein paar Hundert Ebola-Fällen in Afrika scheint sich das Geschäft bisher nicht gelohnt zu haben.

Das Timing hat nicht gestimmt, die Grundlagen waren bereits geschaffen.

In den 90er Jahren, als der Kalte Krieg gegen die Sowjetunion sich dem Ende neigte, haben Militär und Regierungen plötzlich Interesse an der Herstellung von Impfdosen gegen Ebola und einen verwandten Virus, den Marburg-Virus, gezeigt. Ein sowjetischer Überläufer hatte berichtet, die Russen hätten einen Weg gefunden das Marburg-Virus als biologische Waffe in Raketenträgern einsetzen und militärisch nutzen zu können. (Grady. In: NYT. 23.10.14) Doch der Kalte Krieg kühlte sich ab, die rote Gefahr schien abgewendet.

Der 11. September 2001 kam, der Krieg den Terror begann.

Nach der Verschickung der Anthrax-Briefe in den USA wurde im Zeitalter der terroristischen Bedrohungen mit den „National Institutes of Health“ ein Programm namens Partnerships in Biodefense gestartet, berichtet die NYT. Es wurden enorme Fortschritte bei der Entwicklung der Virenbekämpfung erzielt, doch über Tierversuche ist man aus Kostengründen nicht hinaus gekommen. Die Gefahr schien nicht groß genug.

“It takes a crises sometimes to get people talking. ´O.K. we´ve got to do something here.´” (Dr. Geisbert, Ebola Expert. In: NYT.23.10.14)

Jetzt ist die Krise ist da und tobt auf verschiedenen Schlachtfeldern, Wall-Street, Donezk und im eigenen Körper. Während NATO-Jets mit russischen Kampfflugzeugen in der jüngsten Ukraine-Krise gerade die Abwehr- und Expansionsbestrebungen ihrer Gegner testen, überträgt sich das Ebola-Virus ebenfalls in der Luft und hat bereits 5000 Tote zu verzeichnen.

„Unglaubliche Zufälle haben das Virus stark gemacht.“ (DIE ZEIT. 23.10.14. S.13)

Zehn Monate nach Ausbruch der Seuche sind mindestens 9000 Infektionen und 4500 Todesfälle zu beklagen (vgl. DIE ZEIT.23.10.14) Die Seuche verbreitet sich diesmal außergewöhnlich schnell. Sie ist sogar in Deutschland angekommen, im Leipziger St.-Georg-Krankenhaus stirbt der sudanesische Uno-Mitarbeiter Mohammed A. an der Krankheit. In Dallas, Vereinigte Staaten von Amerika, und Madrid, Spanien, hat sich Pflegepersonal an den Ebola-Patienten angesteckt. (vgl. Spiegel. 20.10.14. S.28) In der ZEIT heißt es in Leipzig stirbt ein Mann aus Liberia. Bisher sei Ebola seit 1976 knapp 30-mal auf Menschen in Afrika übergesprungen. (vgl. DIE ZEIT.23.10.14) Doch diesmal ist es anders, die Zeiten ändern sich. Um der Geschichte der Ebola-Verbreitung auf den Grund zu gehen, hat DIE ZEIT ein Reporterteam an den Ursprungsort im Hinterland von Guinea geschickt. Heraus gekommen ist die Geschichte „Wie das Virus in die Welt kam.“ Dabei machen die Reporter den Vater von patient zero, dem ersten Erkrankten der Epidemie, ausfindig. Das erste Opfer heißt demnach Emile Quamouno und lebt in einem 600-Einwohner Dorf Meliandou. Er stirbt von der Weltöffentlichkeit unbemerkt zwischen Weihnachten und Neujahr, am 28.Dezember 2013. Niemand weiß wie der zweijährige Junge sich an dem Virus angesteckt hat, vermutlich habe er etwas angefasst, was er nicht hätte anfassen sollen.
DIE ZEIT hilft dem Leser den Verbreitungsweg von diesem kleinen Dorf in Westafrika über den halben Kontinent nach Amerika und Europa zu rekonstruieren. Eine Rolle spielen in diesem Drama der Familienstreit zwischen Mutter und Vater vom ersten Opfer Emile, veraltete Testmethoden in seinem Wohnumfeld und falsche Testergebnisse im 12 km entfernten Krankenhaus von Guéckédou. Eine Heilerin wird als Superspreader bzw. Superverbreiter der Viren identifiziert, die im 1,5 Autostunden entfernten Dorf Koindu in Liberia sterben muss. Schließlich lasse sich auch nachvollziehen wie das Virus in das 150 km entfernte Kenema Government Hospital in der 180.000-Einwohner Stadt im Nachbarstaat Sierra Leone gelangt sei. Hier wird das Virus weiter verbreitet. Innerhalb von zwei Monaten habe es das Virus geschafft „eines der besten Krankenhäuser Sierra Leones zu verwüsten.“ (DIE ZEIT. 23.10.14. S.15) Doch wie es von dort in die Hauptstadt, nach Freetown, gelangt ist, bleibt wie so manche Wahrheit auf der Strecke.

„Ende Juli 2014 sind in Westafrika 850 Menschen tot. Mit der Zahl der Opfer nehmen auch die Gerüchte und Anschuldigungen zu. Aber obwohl im Dunkeln bleibt, wie das Virus Freetown erreicht, so scheint doch festzustehen: Es legt die 310 Kilometer innerhalb weniger Stunden zurück. In einem Auto oder Bus, auf einem komfortablen Highway, vergleichbar einer deutschen Bundesstraße.“ (DIE ZEIT. 23.10.14. S.16)

Derweil berichtet der Guardian das laut WHO die ersten Impfversuche in Westafrika im Dezember beginnen werden und Mitte nächsten Jahres voraussichtlich 100.000 Impfdosen zur Verfügung stehen werden.

«The first vaccines to go into frontline trials will be those made by GlaxoSmithKline (GSK) and Johnson & Johnson, but five more will be tested as they become ready. Manufacturers have promised that larger quantities of vaccines will be available than priviously thougt. “The companies have committed to ramp up to millions of doses to be available in 2015, with hundreds of thousends ready in the first half of the year,”she said.» (Boseley, Sarah. In: Guardian. 23.10.14)

So wird an allen Fronten an einer erfolgreiche Bekämpfung des Gegners gerungen – im Labor, dem Krisengebiet und menschlichen Organismus.

Weblinks:

Eine große Überraschung

Der Stresstest zur Resilienz europäischer Banken ist bestanden.

“Die Aufseher stellten bei der Überprüfung der Jahresbilanzen 2013 und einem Stresstest eine Kapitallücke von insgesamt 25 Milliarden Euro bei diesen Banken fest, wie die EZB am Sonntag in Frankfurt mitteilte.

Damit deckt sich die Zahl der Durchfaller in etwa mit den Erwartungen an den Finanzmärkten.” (Spiegel Online. 26.10.14)

Die Tendenz sei positiv, die Lücken bzw. Defizite würden zunehmend geschlossen und in Deutschland wird eine einzige Bank zum Sorgenkind degradiert. Viele Durchfaller sitzen im Ausland, z.B. Griechenland und Italien. Die EZB, die für Milliarden Euro Schuldpapiere aufkauft, soll im November die Aufsicht über die 120 größten europäischen Banken erhalten.

“EZB-Präsident Mario Draghi hatte kürzlich erklärt, die Zentralbank könne theoretisch für bis zu eine Billion Euro Verbriefungen und Pfandbriefe kaufen. Tatsächlich soll das Volumen aber niedriger ausfallen.” (Manager Magazin. 20.10.14)

Der Banken-Stresstest soll Vertrauen schaffen, so Spiegel Online. 

“Freilich weiß man nicht wirklich, wie die Finanzinsitute verschiedener Länder genau miteinander verflochten sind. Wie erwähnt können gerade auch von internationalen Organisationen veranstaltete sogenannte ‹‹Stresstests›› darüber nichts aussagen, einmal weil sie nur mit den Daten rechnen können, die der Finanzaufsicht vorliegen und die diese weitergibt, und zum anderen, weil sie von vornherein so gestaltet werden müssen, dass ihre Ergebnisse auch im schlimmsten Fall keine Panik auslösen.” (Streeck. 2013. Gekaufte Zeit. Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus. S.131)

Im (noch) aktuellen Spiegel- Titelthema wird der US-Bankanalyst Mike Mayo zitiert:

 ‹‹”Die gleichen falschen Anreize, die schon die Finanzkrise ausgelöst haben, sind auch heute noch intakt.” Die Bankchefs verdienen wieder so viel wie vor der Krise, obwohl ein Großteil der Institute vom Staat gerettet werden musste. Die größten Großbanken sind nicht wie vorgesehen geschrumpft, sondern noch größer geworden…Das Problem sei nicht das einzelne Institut, das Problem sei das System.”›› (Spiegel.de. 23.10.14.  The Zombie System: How Capitalism Has Gone Off the Rails)

Die Stimmen der Kritiker häufen sich nach Piketty , Papst Franziskus et al. Nun positioniert sich auch der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Ex-IWF und vormalige Goldman Sachs Mitarbeiter Thomas Mayer und verwandelt sich vom Vertreter des Finanzkapitalismus zum Kritiker:

‹‹”Die Geldordnung, auf der unser gesamtes Wirtschaftssystem basiert, ist zum Scheitern verurteilt. Wir brauchen ein neues System – eines, das die Banken entmachtet.”…

Im Jahr 2010 stieg Mayer bei der Deutschen Bank zum Chefvolkswirt auf, einer der renommiertesten Posten des Hauses. Doch da nagten längst die Zweifel an ihm.

Drei Jahre zuvor war die Finanzkrise über die Welt hereingebrochen – ausgelöst durch ein Schuldeninferno, unter dessen Folgen die großen Volkswirtschaften heute noch immer leiden. Große Banken gerieten ins Wanken. Thomas Mayer saß in seinem Frankfurter Büro und begann, nach neuen Antworten zu suchen. “Je mehr ich mich damit beschäftigte”, erzählt er, “desto klarer wurde mir, dass das ein Problem im System ist.” ›› (Spiegel Online. 13.10.14)

Ist die Demokratie bzw. Politik stark genug die Abwärtsspirale in Form einer auseinander klaffenden Schere zwischen Arm und Reich abzuwenden? Der türkische Ökonom Daron Acemoglu zählt laut Spiegel-Titeltema zu den zehn einflussreichsten Ökonomen der Welt.

Er konstatiere einen wachsenden Einfluss mächtiger Interessengruppen.

‹‹”Das Problem des Geldes in der Politik“, sagt Acemoglu, “ist im Fall der Finanzindustrie besonders akut.” Bis zu 70 Prozent ihrer Zeit verbringen US-Politiker damit, Geld für ihre Wahlkämpfe aufzutreiben, und die Wall Street ist eine ihre[r] wichtigsten Quellen.” (Der Spiegel. 20.10.14. S.76)

So berichtet auch die New York Times über erfolgreiche Lobby-Anstrengungen der US-Finanzindustrie.

“The overhaul of the state lending laws comes after a lobbying push by the consumer loan industry and a wave of campaign donations to state lawmakers.” (Corkery, In: NYT. 21.10.14)

In acht US-Bundesstaaten dürfen nach einem neuen Gesetz Privatschuldner mit fragwürdiger Bonität bei Schuldzinsen richtig zur Kasse gebeten werden. Ein neu verabschiedetes Gesetz erlaubt nun Schuldzinsen von über 30% auf den ersten $4000 Kredit und 24 % auf die nächsten $4000. Vorher hat der maximal zulässige Zinssatz bei US-Krediten bis $1000 bei 30% gelegen. Natürlich sollte das Ausfallrisiko möglichst gering ausfallen und die Anreize für neue Kreditaufnahmen bei geringer Bonität möglichst gering sein. Doch der Finanzsektor macht trotzdem seinen Profit.

“making personal loans to people on the financial margins can be a highly profitable business — even before state lending laws were changed. Last year, OneMain’s profit increased 31 percent from 2012.” (Corkery, In: NYT. 21.10.14)

Also musste der Gesetzgeber von der Notwendigkeit des neuen Gesetzes überzeugt werden:

“North Carolina lawmakers, meanwhile, collected hundreds of thousands of dollars in campaign donations from the consumer finance industry. Speaker Thom Tillis, who supported the bill in the House, was one of the biggest beneficiaries. Mr. Tillis, a Republican who is running for United States Senate, has received more money from the American Financial Services Association than any other Senate candidate, according to OpenSecrets.org.” (Corkery, In: NYT. 21.10.14)

Der Citygroup-Ableger OneMain, der für unsichere (Schrott-)Papiere und Geschäftskredite bestehe, machte laut NYT in den letzten Jahre gute Geschäfte. Bei 1,3 Millionen Kundenkonten bietet OneMain ihren Schuldnern ungesicherte Folgekredite mit Zinssätzen bis zu 36 %. Für den Finanzmarkt wohl ein lohnendes Geschäft. Doch 60 % der Kredite würden zur Abzahlung laufender Kredite aufgenommen, was einer Schuldenmaskerade gleichkomme. (vgl. Corkery, In: NYT. 21.10.14)

 

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Petition: Europäische Bürgerinitiative gegen Freihandelsabkommen TTIP und CETA

“fernab in Brüsseler Hinterzimmern werden TTIP und CETA ausgehandelt, die Handelsabkommen der EU mit den USA und Kanada. Doch sie könnten sich bald direkt auf unser Leben auswirken:

– Wenn Shampoos oder Sonnenmilch mit gefährlichen Chemikalien bei uns im Supermarkt verkauft werden dürfen.

– Wenn Fracking-Verbote, Verbraucherschutz-Regeln oder Mindestlohn-Gesetze über private Schiedsgerichte ausgehebelt werden. Bei diesen stellen konzernnahe Anwaltsfirmen zugleich Richter, Kläger und Verteidiger.

– Wenn Gemeinden privatisierte Stadtwerke, Schwimmbäder und Kliniken nicht mehr in die öffentliche Hand zurückführen dürfen – selbst wenn wir Bürger/innen dafür stimmen.

Anfang November will der neue Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vor dem Europaparlament verkünden, wie die neue Kommission zu TTIP und CETA steht. Die alte Kommission kämpfte bis zuletzt für die beiden umstrittenen Abkommen. Bei der neuen Kommission unter Juncker ist hingegen offen, ob sie die konzernfreundliche Linie fortführt oder eine kritischere Haltung einnimmt.

Daher haben wir jetzt zusammen mit 250 Bündnispartnern eine selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative für den Stopp von TTIP und CETA gestartet. Wenn wir mindestens eine Million Menschen hinter der Initiative versammeln, wird Juncker die Abkommen politisch kaum mehr durchsetzen können…

Wie unentschlossen die neue Kommission ist, hat kürzlich erst die designierte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström gezeigt. Erst sprach sie sich klar gegen Schiedsgerichte bei TTIP und CETA aus. Dann ruderte sie wieder zurück. Juncker wiederum betonte, er werde nicht akzeptieren, „dass die Rechtsprechung der Gerichte in den EU-Mitgliedsstaaten durch Sonderregelungen für Investorenklagen eingeschränkt wird.“

Deshalb ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt, um die Kommission zu einer ablehnenden Haltung zu TTIP und CETA zu bewegen – mit unserer selbstorganisierten Europäischen Bürgerinitiative. Die Erfahrung zeigt: Um 1 Million Unterzeichner hinter der Bürgerinitiative zu versammeln, kommt es auf einen kraftvollen Start in den ersten Tagen an. Helfen Sie mit, unterzeichnen Sie direkt online:” (Capact)

Online-Petition der Europäischen Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA.

Weblinks:

Das ist geschmacklos

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1 Pfund Fleisch im Supermarkt für 1 Euro. Wer macht außer dem Supermarkt Gewinn, wenn 250 Gramm Rinderhack für 1,49 € angeboten werden?

Der größte Schweinezüchter der Welt, Smithfield Foods, sitzt in North Carolina, USA. Der Konzern verkaufte im Geschäftsjahr 2012 bereits drei Milliarden Kilogramm Schweinefleisch, so DIE ZEIT.

Doch die fabrikmäßige Tierproduktion hat enorme Auswirkungen auf Umwelt und Mensch. Tonnenweise Ausscheidungen und Tierabfälle müssen im Rahmen der Produktion entsorgt und verarbeitet werden. Seit der Übernahme durch den chinesischen Konkurrenten Shuanghui  Ende 2013 werden schätzungsweise  jährlich fast sechs Milliarden Kilo Schweinefleisch von den rund 100.000 Mitarbeitern „erzeugt“. (vgl. Buchter. In: DIE ZEIT. 07.11.13. S. 26)

Der Konzern war schon zuvor so mächtig, dass er Staatsaufgaben selber übernommen hat.

„Gewerkschafter hatte lange ihre Probleme mit Smithfield. Sie kämpften 15 Jahre lang, um die 5000 Arbeiter in Tar Heel zu organisieren, fühlten sich eingeschüchtert und bedroht. Einige Jahre lang hatte der Konzern sogar eine Art eigene Polizei auf dem Gelände, die über Arrestzellen für Arbeiter verfügte – was nach den wirtschaftsfreundlichen Gesetzen in North Carolina zulässig war.“ (Buchter. In: DIE ZEIT. 07.11.13. S. 26)

In den Vereinigten Staaten  werden neun von zehn Schweinen in Fabrikmastbetrieben aufgezogen. Wegen Beschwerden der Bewohner von „Smithfield Country“ in den USA, hat der Umweltmediziner an der University of North Corolina die Emissionen der Schweinezuchtzentren des Bundesstaates gemessen.“ Wing stellte fest, dass hoher Blutdruck und Atemwegberschwerden bei Anwohnern oft mit der Schweinehaltung zu tun haben.“ (Buchter. In: DIE ZEIT. 07.11.13. S. 26)

In Deutschland sind die Schlachthöfe nicht ganz so groß, doch die Frage nach den Umweltbelastungen und ethischen Grundsätzen stellt sich auch hier. 2012 wurden in Deutschland 8,2 Millionen Tonnen pro Jahr „produziert“. Billiglöhne und laxe Tierschutzgesetze verhelfen so nicht nur dem Wirtschaftswachstum, auch das Wachstum der Tiere kann schnell vorangehen. Zügig muss das Tier aufgezogen,  geschlachtet und getötet werden.

 „Männliche Ferkel durchlaufen eine besondere Prozedur. Ein Arbeiter packt eines an den Hinterbeinen. Dann zwei Schnitte mit einem Messer in die blassrosa Haut, dort, wo die Hoden verborgen sind. Das höchste sieben Tage alte Tier schreit erbärmlich. Die Samenleiter müssen mit einer Klinge durchtrennt werden, doch manchmal werden die dünnen Stränge einfach abgerissen. Es muss schnell gehen. Zeit ist Geld. Die Wunde bleibt offen. Erst jetzt wird dem Ferkel ein Mittel gespritzt, das für einige Stunden den Wundschmerz lindern soll. Doch seine Qualen sind noch nicht zu Ende.

In einem zweiten Arbeitsgang wird ihm noch der Ringelschwanz mit einem heißen Messer abgeschnitten, und die Eckzähne werden mit einer Schleifmaschine bearbeitet. Beides soll verhindern, dass sich die Tiere gegenseitig die Schwänze abbeißen. Dazu neigen sie, weil sie ihr natürliches Verhalten in den eintönigen, auf maximale Effizienz getrimmten Riesenställen nicht ausleben können…Deutschland ist ein gutes Land – für Investoren. Überall werden neue Ställe gebaut, vor allem für Schweine und Geflügel…Mittlerweile wird in der deutschen Fleischindustrie bereits jeder fünfte Euro im Export verdient.“  (Etscheit. In: DIE ZEIT. 23.02.12. S.26)

„Nicht selten sticht ein einzelner Mitarbeiter 750 Schweine ab – in der Stunde. Also bleiben ihm nur wenige Sekunden, um den Schnitt richtig zu platzieren. Es kann auch vorkommen, dass ein Stecher ein Schwein übersieht. Dann landet es ebenfalls lebendig in der Brühanlage.“ (Lütge. In: DIE ZEIT.23.02.12. S.27)

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Werkverträge mit  Billiglöhnen helfen diesem Geschäft zu florieren. Dies zieht Arbeiter aus Ost- und Mitteleuropa an, deren Wirtschaft und Politik nicht so effizient ist. Die großen Fleischkonzerne beschäftigen in Deutschland Wanderarbeiter, so DIE ZEIT. Wettbewerb und Kostendruck sind so groß, dass die großen Fleischkonzerne die konventionelle Landwirtschaft verdrängen.

In Bernburg, Sachsen-Anhalt, konnten sich die Einwohner mit viel Mühe gegen die Ansiedlung des Schlachthof-Projekts  vom italienischen Fleischwaren-Produzenten Bresaole Pini  erfolgreich wehren.

„Bereits am 12. Dezember hatte der Bernburger Stadtrat nicht öffentlich beschlossen, für die Ansiedlung ein zehn Hektar großes Grundstück in einem Gewerbegebiet an der A 14 nahe der B 6n bereitzustellen, vorausgesetzt eine sachliche Bewertung befürwortet am Ende das Projekt.“ (Schlicht. In: Volksstimme. 28.03.14)

Daraufhin formierte sich Widerstand und eine Bürgerinitiative gegen das Projekt. Schließlich hatten über 83 Prozent der Bürger gegen den Bau des Mega-Schlachthofes gestimmt und die Politik sah sich gezwungen dem Votum der Wähler anzuschließen. (vgl. MZ. 10.07.14)

Fleisch kann dennoch im deutschen Supermarkt zu Spottpreis erworben werden. Wie langlebig kann dieser Produktionsprozess sein bzw. übermäßiger Konsum? Für andere Organismen hat die Massentierhalte jedoch Vorzüge:

„2013 wurden allein in Deutschland über 1400 Tonnen Antibiotika an Tiere verabreicht – doppelt so viele wie beim Menschen.“ Daher wirken sie auch immer weniger. (DeutschlandRadioKultur. 05.10.14)

Weblinks:

“Ein sehr zweifelhaftes Denkmal”

“…das TTIP-Abkommen, ist geplant. Die Bundesregierung sagt, sie sei auch gegen die Investitionsschutzklausel. Sie ist aber in dem Abkommen vorgesehen.

Was bedeutet denn eine Investitionsschutzklausel? Wenn wir in Berlin einmal eine .. [andere. d.V.] Regierung bekämen …und die beschlösse plötzlich, dass es mehr Mitbestimmung gibt oder dass Konzerne etwas mehr Steuern zahlen müssen, dann könnten die kanadischen und amerikanischen Unternehmen sagen: „Das geht nicht; es verstößt gegen das Verbot von Investitionshemmnissen; denn wir haben unseren Sitz hier unter anderen Voraussetzungen gegründet“, und Schadenersatz fordern…

Außerdem erleben wir eine Entstaatlichung…durch CETA und TTIP. Denn es sollen keine ordentlichen Gerichte zuständig sein. Es gibt dann nur ein Schiedsgericht, bestehend aus drei Advokaten, die über Milliardenbeträge entscheiden sollen. Der ordentliche Gerichtsweg ist ausgeschlossen. Das ist eine Entstaatlichung. Es verstößt auch gegen die Rechtsstaatlichkeit…

Es gibt Zahlen, die einen umhauen. Die EU-Millionäre, von denen es eine reichliche Anzahl gibt, haben ein Geldvermögen – es geht nur um das Geld, ohne Grundstücke und Unternehmen – von 17 Billionen Euro. Die gesamten Staatsschulden der EU belaufen sich auf 11 Billionen Euro. Stellen Sie sich vor, sie würden uns das ganze Geld überweisen. Dann könnten wir alle Schulden bezahlen und ihnen sogar noch 6 Billionen zurücküberweisen. Dann wären sie immer noch nicht arm. Aber so weit geht noch nicht einmal die Linke. Wir sagen aber: Wir brauchen endlich eine Millionärsteuer in der Europäischen Union.

Gehen wir einmal zu Deutschland über. In Deutschland haben wir ein Geldvermögen von 10 Billionen Euro. Jetzt gibt es eine neue Studie der -Europäischen Zentralbank, die besagt: 1 Prozent unserer Bevölkerung besitzt 32 Prozent davon. Das sind weit über 3,5 Billionen Euro. 50 Prozent – die in finanzieller Hinsicht unteren 50 Prozent – unserer Haushalte und damit die Hälfte unserer Bevölkerung besitzt 1 Prozent davon. Nun sage ich, was für mich am erschreckendsten ist. Diese Hälfte besaß 1998 4 Prozent. Die Schere geht immer weiter auseinander. Das ist unerträglich.

Die schlimmste Umverteilung von unten nach oben hatten wir durch die Agenda 2010 in Verantwortung von SPD und Grünen. Seit 2000 haben wir – das ist dieselbe Entwicklung – einen Anstieg der Unternehmens- und Vermögenseinkommen, um 60 Prozent zu verzeichnen. In derselben Zeit sind die Reallöhne um 3,7 Prozent gesunken. Erklären Sie das den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die das ganze Vermögen geschaffen haben! Wir müssen die Umverteilung von unten nach oben stoppen und eine von oben nach unten einleiten, um ein Stück Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft zu erreichen…

Deutschland hat in Europa den größten Niedriglohnsektor. Er ist größer als der in Griechenland. Nun beschwert sich die belgische Regierung bei der Europäischen Union über Deutschland wegen Lohndumping, weil zum Beispiel die Arbeit auf Schlachthöfen in Deutschland so schlecht bezahlt wird, dass die belgischen Unternehmen niederkonkurriert werden…

Die Europäische Zentralbank hat nun den Leitzins auf den niedrigsten Stand in der Geschichte gesetzt: auf 0,05 Prozent. Die Sparerinnen und Sparer in Deutschland, auch die kleinen und mittleren, bekommen so gut wie gar keine Zinsen. Da wir eine Inflationsrate haben, das heißt alle Dienstleistungen und Waren teurer werden, man aber keine Zinsen bekommt, verlieren die Sparguthaben Jahr für Jahr an Wert. Das heißt, die Sparerinnen und Sparer bezahlen die ganze Krise

Was mich auch stört, ist, dass die EZB wieder die Schrottpapiere von den Banken aufkaufen will. Das ist doch der Gipfel der Frechheit. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haften wie immer für alle Banken. Ich möchte, dass endlich Banken für Banken haften.” ( G.Gysi In: Generaldebatte über den Bundeshaushalt 2015 / 50. Sitzung des 18. Deutschen Bundestages am 10. September 2014)

Weblinks:

Arbeiterstreik

Arbeiter haben erneut ihre Werktätigkeit eingestellt, die Gewerkschaft Ver.di hat die Amazon-Beschäftigten an vier Standorten in Deutschland zu einem Streik aufgerufen. Bis zum Ende der heutigen Nachtschicht wird die Arbeit an den Versandzentren in Leipzig, Bad Hersfeld, Graben bei Augsburg und im nordrhein-westfälischen Rheinberg niedergelegt, berichtet Spiegel Online.

‹‹”Der Leistungsdruck nimmt mittlerweile unmenschliche Züge an”, sagte Ver.di-Streikleiter Thomas Gürlebeck. Amazon-Mitarbeiter klagten über befristete Verträge, extremen Leistungsdruck und unzureichende Arbeits- und Pausenregelungen. Zudem bekämen die Mitarbeiter zum Teil mehrere Hundert Euro weniger, als ihnen nach den Tarifverträgen des Einzel- und Versandhandels zustehen würden.››  (Spiegel Online. 22.09.14)

Der Zeitpunkt des Warnstreiks kann für den Konzern nur als gutmütiges Entgegenkommen der Arbeitnehmervertreter angesehen werden, denn vor dem Weihnachtsgeschäft ist wieder mit steigendem Umsatz und damit verbundenen Arbeitsanforderungen zu rechnen.

Doch der US-Konzern weiß sich mit angelsächsischen- und marktliberalen Methoden dem globalen Wirtschaftssystem gut anzupassen. Wie sonst könnte Jeff Bezos alias Bezos Gnadenlos so erfolgreich geworden sein? Natürlich sind auch wir Teil dieser Erfolgsgeschichte.  Amazon-Gründer Bezos hat eben den Dreh raus. Für die Ansiedelung seiner Versandzentren hat der US-Konzern ca. 14 Millionen Euro Subvention vom deutschen Steuerzahler bekommen, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.  Das Geld der Bürger sollte also der Schaffung von Arbeitsplätzen hierzulande dienen.

“ Viele Leih- und Saisonarbeitskräfte sind bei dem Unternehmen beschäftigt. Gewerkschaftsangaben zufolge sollen in manchen Versandzentren fast 80 Prozent aller Beschäftigten befristet arbeiten.“ (Jannis Brühl. In: SZ. 22.03.13)

Arbeitsamt und Jobcenter schicken den „Leistungsbezieher“ gerne zum neuen Arbeitgeber, um ihre Vermittlungsquoten zu erfüllen.

‹‹Für einen Dreimonatsvertrag soll er [der Arbeitslose. d.V.] zwei Wochen zur Probe arbeiten. Ohne Bezahlung… Kostenlos zur Probe arbeiten müssen dabei lediglich Arbeitslosengeldempfänger. “Bewerber, die über die Arbeitslosenvermittlung zu uns kommen”, teilt Amazon auf Anfrage von ZEIT ONLINE mit, “erhalten für eine kurze Zeit weiterhin ihre Bezüge von der Agentur für Arbeit, da das Training die Wiedereingliederungsaussichten in den Arbeitsmarkt verbessert.” ››  (Anne-Sophie Lang. In: ZEIT Online. 07.11.11)

Das scheint sich also für alle zu lohnen – fast alle. Bei Amazon in Deutschland steckt man einen Arbeiterstreik leichter weg, wenn die Gesetze des Freien Marktes im Sinne des  Unternehmens genutzt werden können. Die Gewinne sind hoch, die Abgaben niedrig, Steuern zahlt man selbst ohnehin kaum. Wozu gibt es denn die Einkommenssteuer? Wenn Arbeiter in Deutschland dem Konzern  langsam zu teuer werden, wird die Arbeit eben ins osteuropäische Ausland verlagert. Die Fördergelder haben sich längst bezahlt gemacht.

‹‹Die Verlagshäuser sollen, beginnend im September, rund 40 Prozent ihrer Bücher, Hörbücher und anderer Medien über neue Logistikstandorte in Polen und Tschechien an ihre inländischen Kunden schicken.

In einem Standardschreiben, das der US-Konzern in diesen Tagen an die Verlage verschickt, werden die “sehr geehrten Vertriebspartner” auf die Eröffnung von zunächst zwei neuen Zentren am 15. und 29. September in Polen hingewiesen…Von Posen und Breslau aus würden Kunden beliefert, die unter der deutschen Website des US-Versenders bestellt hätten, heißt es ausdrücklich in dem Schreiben, das der “Welt” vorliegt: ›› (Die Welt. 08.08.14)

Subventionen und staatlich vermittelte Arbeitnehmer  lassen eher Assoziationen mit sozialistisch geprägter Wirtschaftspolitik aufkommen, doch mit solchen Gedankenspielen wird man wahrscheinlich eher zum Staatsfeind, als zum Vernunftmenschen, degradiert. Die konforme Weltsicht wäre demnach eher die von Bezos & Co. KG. Deutsche Steuergelder für die Expansion in Europa kassieren, Gewinne steigern, Arbeiter kurz halten und Steuern einsparen.

‹‹Amazon hingegen hat Markenrechte, Patente und andere Formen geistigen Eigentums auf eine Gesellschaft in Luxemburg übertragen. Luxemburg erhebt auf Lizenzgewinne kaum Steuern, weswegen es für Amazon lukrativ ist, dass seine europäischen Unternehmenstöchter ihre Gewinne über Lizenzgebühren nach Luxemburg verschieben und nicht an Ort und Stelle versteuern. So konnte Amazon seinen in Deutschland zu versteuernden Gewinn kräftig drücken und musste trotz eines Umsatzes von 8,7 Mrd. Euro lediglich 3,2 Mio. Euro Unternehmensteuer an den deutschen Fiskus abführen.[3] ›› (Axel Troost. In: Blätter für deutsche und Internationale Politik. 12´13)

Was würden die Konzerne nur ohne Milliardengewinne tun? Die Menschen würden ihre Aktien verkaufen und sich wundern, warum ihre Papiere nichts mehr wert sind. Unternehmen und Konzerne wären anfällig vor feindlichen Übernahmen, die Konkurrenz könnte sie schlucken. Um dem Wettbewerb standzuhalten muss gespart werden, als erstes wohl an übermäßig hohem Lohn und Gehalt. Und diese unverschämten Forderungen der Arbeiter und Gewerkschaften.

Ein gutes System für einen freien Markt, ein schlechtes System für den Bürger, die die Gesetze des Kapitalismus für sich zu nutzen versucht und sich dann überlegen muss, ob sich Arbeit überhaupt noch lohnt.

Doch Amazon ist nicht der einzige Konzern, der in der Vorweihnachtszeit vor neuen Tarifverhandlungen steht.

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