Zunehmende soziale Ungleichheit unvermeidbar im Kapitalismus der freien Marktwirtschaft

Während die Bundesagentur für Arbeit (BA) das Winterwetter für ihre neueste Statistik von 3,14 Millionen Arbeitslosen in Deutschland verantwortlich macht, sieht der französische Ökonom und Wirtschafts-Professor Piketty die Gesetze des freien Marktes für eine wachsende soziale Ungleichheit verantwortlich. Spiegel Online hat vor einer Woche über eine weltweite Steigerung der Arbeitslosenquote um 5 Millionen berichtet. „Insgesamt seien jetzt 202 Millionen Menschen ohne Job, heißt es im jüngsten ILO-Arbeitsmarktbericht.“ (Spiegel Online. 20.01.14) Über die Zukunftsprognose dieser UN-Studie wird nicht berichtet:

“If current trends continue, global unemployment is set to worsen further, albeit gradually, reaching more than 215 million jobseekers by 2018.“ (Global Employment Trends 2014. S.3)

Die gegenwärtige Situation nutzt Edsall in der New York Times für eine Rezension zu Piketty´s aktuellem Buch Capital in the Twenty-First Century. Edsalls Überschrift Capitalism vs Democracy erinnert an Augsteins jüngste Publikation: Sabotage. Warum wir uns zwischen Kapitalismus und Demokratie entscheiden müssen. Doch jetzt zur Edsalls Rezension:

Piketty behaupte die kapitalistische Dynamik treibe mächtige Kräfte voran, die eine Bedrohung für demokratische Gesellschaften darstellen. Unternehmer werden die Arbeiterschaft immer weiter dominieren, heißt es weiter. Solange Gehaltszahler ihre Bezahlung selbst bestimmen können werde es dahingehend keine Grenze geben, bis ihnen Zwangsabgaben auferlegt werden.

In seinem Buch, vor vier Monaten in Frankreich veröffentlicht und im März in englischer Sprache erhältlich, prophezeit der Ökonom unserer traditionell liberalen Wirtschaftspolitik bzgl. Ausgaben, Besteuerung und Regulation, ein Scheitern zur Minderung der Ungleichheit. Zur Unterlegung seinen Thesen hält er zahlreiche Vorlesungen in französischer und englischer Sprache ab.

‹‹Piketty proposes .. that the rise in inequality reflects markets working precisely as they should: „This has nothing to do with a market imperfection: the more perfect the capital market, the higher” the rate of return on capital is in comparison to the rate of growth of the economy. The higher this ratio is, the greater inequality is.›› (Edsall, In: NYT. 28.01.14)

Branko Milanovic, Ökonom in der Forschungsabteilung der Weltbank, lobt das Buch als eines der besten innerhalb der letzten Jahrzehnte, welches mit zu einem Umbruch ökonomischen Denkens beitrage.

Kernargument ist u.a. dass sich die soziale Gleichheit in den Jahren des Wirtschaftswachstums vom I. Weltkrieg bis in die 1970er Jahre höchstwahrscheinlich nicht wiederholen wird. Diese Zeitspanne sei eine Ausnahme eines tief verwurzelten Musters sozialer Ungleichheit. Diese glücklichen Jahrzehnte seien vor allem das Ergebnis zweier Weltkriege und der der Großen Depression. Erstarkende Gewerkschaften, die Teilung des aufstrebenden Wohlstandes mit den Arbeitern und starke Demokraten ließen einen Angriff auf den New Deal selbst für den wieder gewählten republikanischen Präsidenten Eisenhower als aussichtslos erscheinen. Doch diese Zeiten seien einmalig gewesen, da das Wirtschaftswachstum den Kapital-Gewinn nach Abzug der Steuern überstiegen habe. Wenn die Kapitalgewinne jedoch größer als das Wirtschafswachstum sind, so sei dies Piketty´s wesentliches Problem zur Entstehung sozialer Ungleichheit.

Weltbänker Milanovic schreibt in seinem Review, dies führe zu einer Änderung der Einkommensverteilung zu Gunsten des Kapitals. Wenn Kapitalerträge unbestritten konzentrierter als die Einnahmen durch Arbeitsleistung sind

“…personal income distribution will also get more unequal – which indeed is what we have witnessed in the past 30 years.“ (Edsall, In: NYT. 28.01.14)

Der einzige Weg diesen Prozess aufzuhalten sei eine globale Vermögenssteuer, bei der keine Schlupflöcher möglich seien.

„A global tax, in this scheme, would restrict the concentration of wealth and limit the income flowing to capital.“ (Edsall, In: NYT. 28.01.14)

Piketty würde eine jährlich angepasste Steuer auf Aktienvermögen, Staatsanleihen, Eigentum und anderen Posten erheben, die üblicherweise vor dem Verkauf nicht besteuert sind.

Seine Diagnose hilft den jüngsten Einbruch des nationalen US-Einkommens durch Arbeit und parallelen Anstieg von Kapitaleinkünften zu erklären.

Fig. 2: Nonfarm Business Sector: Labor Share U.S. Department of Labor. Quelle: NYT. 28.01.14

Daraufhin kommt Edsall in seinem NYT– Opinion Editorial auf die weltweite Zunahme der Arbeitslosenquote zu sprechen.

“Während der Anteil der Arbeitseinkommen am Weltsozialprodukt seit drei Jahrzehnten sinkt, wächst das Gewicht des Kapitals – die globalen Finanzströme schwellen weiter an…In Davos war wenig Hoffnung zu spüren, dass der Siegeszug der Vermögen gegenüber den Löhnen bald aufhört…Roboter und Computer würden mit wachsendem Tempo weitere Jobs ersetzen, meinte der Aufsichtsratschef von Google – bis hin zu denen von Ärzten, die Diagnosen stellen.” (Heuser. In: Die ZEIT. 30.01.14. S.19)

Dies kommt zu einer Zeit, in der die Arbeitsagentur schärfere Harz IV- Regeln fordert und Jobcenter immer empfindlichere Sanktionen gegen unwillige Hartz-IV-Bezieher verhängen. (Bild. 22.01.14)

Weiter unten in Edsalls Rezension wird die Einschätzung namhafter Ökonomen und Wirtschaftswissenschaftler zu Pikettys Ausführungen beschrieben.

Siehe auch hierzu:

Politiker und Journalisten, nicht immer sind sie gut aufeinander zu sprechen.

Die Kriegserklärung unseres Bundespräsidenten a.D. Wulff an Helmut Kohls Trauzeugen und Bild-Chefredakteur Diekmann hat sich als politischer Selbstmord erwiesen. Ein kurzer Moment fehlender Contenance und sein tragisches Ende.

Doch die Medien sind an allem Schuld, das hört man öfter. SPD-Kanzlerkanditat „Steinbrück schimpft die Medien“ titelt SZ Online. Er kritisiert die Rolle der Medien während seines Wahlkampfes und vergisst nicht

‹‹”dass zwei Zeitungen mich drei Wochen vor der Wahl in die Nähe der Stasi und des KGB ziehen wollten.“ [E]s gebe hierzulande einen Journalismus, “der im Wettbewerb um Klicks, Quote und Auflage banalisiert, alles personalisiert und vieles skandalisiert”, sagte er.›› (Klasen. In: SZ Online. 20.11.13)

Ein typischer Fall von Media Malaise:

“… In the world of competition today the news channels only search for sensational news like scandal, conflict, drama to attract the audience. They do not give a fair coverage to the existing stories as a fresh and bigger story is searched. As world wide news is covered there is an instant process of the delivering news and a break through and constant facts are given barely explaining the details which creates a state of confusion. This has a definite negative effect on politics and politicians…”

Journalisten müssen wohl ziemlich oft herhalten wenn Politikern die Berichterstattung nicht gefällt. Gut, in anderen Ländern mag es zwar keine kritische Berichterstattung geben. Diese Staaten rühmen sich auch nicht demokratischer Grundsätze, mit Presse- und Meinungsfreiheit an vorderster Stelle.

Am Mittwoch wird berichtet, der Australische Premierminister Abbott werfe dem staatlichen Rundfunk unpatriotisches Verhalten vor. Der Sender ABC stehe mit der kritischen Berichterstattung über die Asylpolitik seiner konservativen Regierung nicht auf der Seite des Volkes. ABC “könnte ruhig ein gewisses Maß an Unterstützung für die Heimmannschaft zeigen” zitiert ihn Spiegel Online.

Einen Tag zuvor hat der US-Republikaner Michael G. Grimm nach Obamas Rede zur Lage der Nation einen verbalen Fauxpas geleistet. Im Kapitol hat der Politiker ungewöhnlich bissige Drohungen gegen einen Journalisten ausgesprochen, so die NYT. Grimm, zuerst durch Unterstützung der Tea Party gewählt, wurde vom Reporter zu Vorwürfen bzgl. seiner Fund-Raising Kampagne im Wahlkampf konfrontiert. Auf eine offizielle Untersuchung in diesem Fall angesprochen geriet der Republikaner in Rage. Dumm für ihn dass seine Drohungen nach der Interview-Sequenz im Kapitol mit aufgenommen worden sind. Sie fanden daraufhin schnell ihren Weg ins Internet. Nach vulgären Beschimpfungen, der Warnung dass er den Journalisten Scotto wohl vom Balkon werfen würde, sagte er schließlich:

‹‹ „No, no, you´re not man enough, you´re not man enough. I´ll break you in half. Like a boy.” ›› (Wheaton+Santora. In: NYT. 29.01.14)

Die Geschichte ging wie ein Lauffeuer von der Netzgemeinde zu den Fernsehzuschauern. Der zornige Politiker musste sich daraufhin entschuldigen. Seine Worte seien nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen. Er sei davon ausgegangen dass das Gespräch im Off sei. Er erwarte ein gewisses Maß an Professionalität und Respekt, vor allem wenn er dem Journalisten mit seinem außerplanmäßigen Interview einen Gefallen tue. Er sei sicher nicht der erste und letzte Kongressabgeordnete, der im Off spreche. Später nach reichlicher Kritik musste er eingestehen dass er seine Emotionen besser im Griff gehabt haben sollte und lud den betroffenen Mr. Scotto zum Mittagessen ein. Dieser hatte schon einige landesweite TV-Auftritte hinter sich. Sein Chef vom Politik-Ressort Bob Hardt meint allerdings dass es nicht die erste Konfrontation des Abgeordneten mit einem Journalisten gewesen sei. (vgl. Wheaton+Santora. In: NYT. 29.01.14) Immerhin gibt es eine öffentliche Debatte darüber, woanders verschwinden die Journalisten einfach und tauchen nicht mehr auf.

Interessante Links hierzu:

Immer auf die Armen und Schwachen!

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Quelle: ZEIT ONLINE. 27.01.14

Minijobbern, Rentnern und Aufstockern droht die Ausgrenzung vom bevorstehenden Mindestlohn, welcher durch Verdrängungseffekte der Niedriglöhner dann systematisch unterlaufen wird. (Spiegel Online. 27.01.14) Wettbewerb ist eben wesentlicher Bestandteil des Systems. Zur gleichen Zeit veröffentlicht ZEIT ONLINE eine aktuelle Infografik zur Verteilung des weltweiten Reichtums. Der Datenreport von Credit Suisse als Grundlage der Grafik, zeigt

„dass es noch immer sehr wenige Superreiche – rund ein Prozent – mit einem Vermögen von mehr als einer Million Dollar gibt, die allerdings rund 40 Prozent des gesamten Vermögens auf sich vereinen.“ (ZEIT ONLINE. 27.01.14)

Derweil schlägt die Bundesbank eine Einbeziehung von vermögenden Personen kriselnder EU-Staaten vor- im Falle einer drohenden Staatsinsolvenz. (Spiegel Online. 27.01.14)
Ob die Politik einen längeren Arm als die Geld-Elite hat gilt es noch zu beweisen, nachdem z.B. 2010 die Legarde-Liste mit über 2000 griechischen Kunden der Schweizer Privatbank HSBC der griechischen Regierung abhanden gekommen ist. Vermeintliche Warnungen zypriotischer Regierungsvertreter an über 130 Unternehmen, rettete diese zwar rechtzeitig vor rund 700 Millionen € Zwangsabgabe, stärkt aber nicht gerade das Vertrauen in gekaufte Politiker. (SZ. 02.04.13)
Aber bald dürfen wir ja an der Wahlurne wieder unsere Meinung abgeben.

Neues aus der Anstalt – Goldman-Sachs – bestens vernetzt

Netzwerke schaden nur dem, der sie nicht hat. Das Netzwerk der Großbank Goldman-Sachs ist jedoch sehr engmaschig, ihm entkommen wahrscheinlich auch keine kleinen Fische.

10 Minuten Amüsement oder Tragik, wie man es sehen will:

Natürlich darf die Atlantik-Brücke in der Show nicht fehlen, in der

“konkrete Handlungsempfehlungen erdacht werden, die sich an Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien richten.” (Atlantische Initiative)

Ehrenvorsitzender und Mitherausgeber der ZEIT, Helmut Schmidt, läßt regelmäßig in seiner Zeitung für die Konferenzen trommeln, Kai Diekmann von der Bild darf auch mitspielen. Ein Blick in die Mitglieder-Liste lohnt sich.

Siehe auch hierzu:

$29,000 Strafe und sechs Monate Haft, wenn Du Nazi sagst.

Das israelische Parlament hat ein Gesetz zum Verbot des Gebrauchs von Nazi-Terminologie vorab genehmigt [preliminary approval]. Demnach soll die Verwendung von Wörtern außerhalb eines Bildungskontextes, die mit dem Dritten Reich, Nationalsozialismus oder dessen Führung in Verbindung stehen, unter Strafe gestellt werden.

‹‹„We have to be he leader of this battle, of this struggle, in order to encourage other countries,” Shimon Ohayon, the lawmaker sponsoring the bill, said in an interview.›› (Rudoren, Jodi, In: NYT 15.01.14.)

Das vor Ort umstrittene Gesetz stellt das Land in seiner Identität als Heimat der H-Überlebenden und einziger Demokratie im Nahen Osten auf die Probe.

„Prime Minister Benjamin Netanyahu and other politicians routinely invoke the Holocaust in warning against the Iranian nuclear threat and in emphazizing that the Jewish people now have an army to protect them.” (Rudoren, Jodi, In: NYT 15.01.14.)

Die Politiker scheinen Angst vor einer Trivialisierung solcher Wörter zu haben, die ihnen wohl dann den Schrecken nehme. Solch geschichtsträchtigen Ausdrücke werden anscheinend vor allem von Jugendlichen in Israel und der Welt des Öfteren genutzt, um ihren Unmut in irgendeiner Weise kundzutun. Dies geht einigen im gelobten Land zu weit, so auch dem Rabbi und Parlamentesabgeordneten Dov Lipman, einem der Initiatoren dieses Gesetzes. Er meint:

‹‹„Freedom of speech is important, but in my opinion, every country has to establish certain value-based limits.“›› (Rudoren, Jodi, In: NYT 15.01.14.)

Der Bürgerrechtler und Wissenschaftler am Israel Democracy Institute, Amir Fuchs, sagt dass in Israel kein explizites Gesetz in Israel die freie Meinungsäußerung garantiere, der Supreme Court sie aber aggressiv schütze. (vgl. Rudoren, Jodi, In: NYT 15.01.14.)

Kritiker Dov Hanin aus der Judikative entgegnet dass ‹‹…perhaps Mr. Nethanyahu himself“should be put in jail“ for comparing Mahmoud Ahmadinejad, the former Iranian president, to Hitler. ›› (Rudoren, Jodi, In: NYT 15.01.14.) Das Justizministerium schien bis zur Publikation des NYT-Artikels vor kurzem noch keine klare Position bezogen zu haben. Vielleicht wartet man auch ab wie die Reaktion der öffentlichen Meinung und anderer Staaten ausfällt.

Doch unsere Meinung ist da wohl eher nicht gefragt. So leichtfertig würde hier zu diesem Thema auch niemand reden.

Höre hierzu:

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) gegen Regulierung ausländischer Banken in den USA?

Vor drei Jahren hat der US-Kongress begonnen die systemrelevanten Banken mit dem Dodd-Frank-Act zu regulieren. Die Arbeit von ca. sechs Lobbyisten auf jeden Kongress-Abgeordneten und eine geschätzte Milliarden Dollar für die Einflussarbeit gegen dieses Gesetz scheinen Früchte zu tragen.

„Yet, incredibly, the financial sector dramatically increased its spending after Dodd-Frank was signed.” (Rivlin. 30.04.13. In: The Nation)

Heute kann sich die Hälfte der Großbanken großer `Bürden` entziehen, weil sie aus dem US-Ausland kommen. Deutsche Bank, Barclays und Credit Suisse darunter brauchen demnach in den Vereinigten Staaten für die nächste Krise kein größeres Kapitalpolster anzulegen.

Die Behörden dort möchten diesen (Wettbewerbs-)Vorteil, im Gegensatz zu den Deutschen, abschaffen. Auf Initiative der US-Zentralbank Fed sollen die eigenen Vorschriften auch auf ausländische Banken angewendet werden.

„The Fed received strongly worded letters in opposition from a handful of large foreign lenders, and even got complaints from certain foreign bank regulators, including the BaFin of Germany.” (Eavis, 22.01.14. In: NYT)

Der Druck muss so groß sein, dass niemand der ausländischen Großbanken an eine Verschärfung glaubt.

‹‹„We, at this point, don´t expect any larger changes to it, maybe some clarifications,“ Stefan Krause, Deutsche Bank´s chief financial officer, said on Monday in a conference call with analysts after reporting a $1.3 billion loss in the fourth quarter.›› (Eavis, 22.01.14. In: NYT)

Nach dem erfolgten Dodd-Frank-Act-Gesetzesbeschluss wussten sich die Banker zu helfen und die Deutsche Bank änderte den gesetzlichen Status ihrer amerikanischen Ableger so, dass sich diese an bestimmte Vorschriften nicht zu halten brauchten. Die Banker sind naturgemäß gegen eine verpflichtende Kapitalaufstockung, da dies den Verkauf von Anteilen bedeuten würde, so die New York Times. Globale Vernetzung und Anteile zahlreicher Schrottpapiere haben nach der Lehman -Pleite schließlich zu einer Kettenreaktion auf dem Finanzmarkt geführt. Ob und wann es zu einer Kernschmelze kommen wird, bleibt abzuwarten. Ein Sinneswandel nach dem großen Crash ist auf dem Börsenparkett augenscheinlich ausgeblieben. Das Börsenparkett ist weiterhin rutschig, jeden Moment kann wieder jemand fallen.

„Riskante Finanzierungen, immer weniger Sicherheiten: Auf den Finanzmärkten ist der Wahnsinn zurück. Schuld sind die Flut des Geldes und die Suche nach Rendite.“ (Storn. 10.01.14. In: DIE ZEIT)

Der Blick der Banken-Aufseher wird weiterhin durch mangelnde Transparenz getrübt. Die vornehmlich europäischen Banken fühlen sich bei einer bevorstehenden Gesetzesänderung den Vereinigten Staaten benachteiligt. Sollte es doch dazu kommen, wird von den Amerikanern auf europäischer Ebene eine Retourkutsche befürchtet – die Pflicht zur Gesunderhaltung bzw. hier höhere Kapitalpolster bereithalten zu müssen.

Der Kommentar von Marcus Stanley, policy director at Americans for Financial Reform, lautet dazu:

‹‹„Considering the number of problems with American banks that have occurred in London subsidiaries, I would appreciate seeing the Europeans raise the bar for foreign operations of American banks…That would be a win for the American taxpayer.”›› (Eavis, 22.01.14. In: NYT)

Traurig, aber wahr.

Siehe hierzu:

Kriegsgerassel und eine bevorstehende Kettenreaktion im Nahen Osten

Steht ein US-unterstützter israelischer Angriff gegen den Iran bevor?

Abgesehen von geostrategischen Machtverschiebungen durch den Syrien-Konflikt beschäftigt das iranische Atomprogramm nach wie vor die Weltgemeinschaft.

Als Regionalmacht und Stellvertreter westlicher Interessen im Nahen Osten versucht Israel weiter seine Interessen zu wahren.

Nachdem Ahmadinejad im Iran sowie G.W. Bush in den USA von gemäßigten Präsidenten abgelöst worden sind hat sich der Tonfall bzgl. eines neuen Militärangriffs ein wenig gesenkt – sollte man meinen. Syrien beherrscht derzeit alle Schlagzeilen. In diesem Konflikt geht es auch um die Anerkennung Irans als ernst zu nehmenden Verhandlungspartner und Regionalmacht. Dies findet bei der Syrien-Konferenz am 22. Januar in Genf seinen Ausdruck.

Die Vereinigten Staaten möchten, im Gegensatz zu Russland, die Assad-Unterstützer aus dem Nachbarland nur als stille Beobachter an der Konferenz teilnehmen lassen.

„Secretary of State John Kerry raised the possibility of a compromise that would allow Iran to informally “contribute from the sidelines”even if it continued to back the Syrian government.“ (Gordon. In: NYT 10.01.14)

Iran sieht sich dabei nicht adäquat gewürdigt und möchte keinen Vorschlag annehmen, der nicht seiner Rolle entspricht, so der Sprecher des iranischen Außenministers. (vgl. Gordon. NYT. 10.01.14) Das der Außenminister nicht persönlich spricht, lässt die Türe für eine Teilnahme an der Konferenz vielleicht noch einen Spalt weit offen.

Parallel dazu versucht der Westen mit der Zuckerbrot und Peitsche- Methode den Iran von seinem Atomprogramm abzubringen. Drohungen und Kriegsgeflüster unter der Bush-Ägide haben bisher anscheinend keinen Erfolg gehabt. Die diplomatische Annäherung begann mit der Präsidentschaft Obamas. Doch während der amerikanische Präsident den guten Cop spielt, funkt ihm ein böser Cop namens Netanjahu dazwischen. Will er den Iran in die Arme Amerikas treiben?

Obama muss allerdings vorher einen Kampf im eigenen Land führen, um seine vermeintliche Iran-Strategie zu verteidigen. Sein Plan besteht zunächst in der Aussetzung bzw. Erleichterung der Wirtschaftssanktionen gegen den Iran im Gegenzug zur Einstellung militärischer Nutzung und Forschung der Atomkraft in Persien. Dieses interim-agreement über sechs Monate wurde Anfang des Jahres unterzeichnet.

Doch jetzt kursiert in den USA ein neuer Vorschlag, der Irans Ölexporte gänzlich unterbinden soll. Er hat bereits die Unterstützung von 59 US-Senatoren. 16 Demokraten haben mit dem Präsidenten in dieser Frage gebrochen, die Republikaner sind ohnehin gegen seine Vorschläge. Iran droht jetzt mit dem Rückzug aus den Verhandlungen über ihr Atomprogramm, sollten in dieser Zeit neue Sanktionen erfolgen. (vgl. Landler and Weisman. In. NYT. 13.01.14)

„The White House has cast the issue in stark terms, saying that a vote for new sanctions would be, in effect, a „march toward war“ and challenging those lawmakers who support the bill to acknowledge publicly that they favor military action against Iran.“ (Landler and Weisman. In: NYT. 13.01.14)

Benjamin J. Rhodes, stellvertretender Nationale Sicherheitsberater, glaubt nicht dass der Abbruch der Verhandlungen und totale Sanktionen zur Kapitulation Irans führen, sondern eher in Militäraktionen enden.

Auf der anderen Seite steht Israel, dass über die AIPAC den US-Kongress schon zu einem amerikanischen Angriff auf Syrien gedrängt hat. (vgl. Wilkie.  In:  Huffingtonpost. 03.09.13) Schon lange pochen das Land und ihre Lobby-Organisation auf einen aggressiven Umgang mit dem Iran.

“Pro-Israel groups like the American Israel Public Affairs Committee, or Aipac, have lobbied Congress to ratchet up the pressure on Iran, and many lawmakers are convinced that Tehran is bluffing in its threat to walk away from the talks.” (Landler and Weisman. In: NYT. 13.01.14)

Am Donnerstag veröffentlichte das Weiße Haus technische Details zum derzeitigen Interimabkommen mit dem Iran. Kritik daran findet nun in einem Gesetzesentwurf des US-Senats Platz. Diese Senatsvorlage ist nun das nächste Schlachtfeld des US-Präsidenten. Die Wortwahl stehe im starken Kontrast zum Joint Plan of Action, den der Iran und die USA mit ihren Partnern im November 2013 unterzeichnet haben. Der Abschluss des Actionplans soll Iran später eine niedrig schwellige Urananreicherung für zivile Zwecke erlauben. (Landler. In: NYT. 16.01.14) Ein Recht, das im Atomwaffensperrvertrag verankert ist.

Die Senatsvorlage spreche sich jedoch für einen Komplettabbau der Atomanlagen aus, ohne weitere Möglichkeit der Urananreicherung. Die Beamten des Weißen Hauses stoßen sich außerdem an einer weiteren Vorgabe:

‹‹White House officials also shake their heads at a provision that would commit the United States to support Israel, militarily if necessary, if it decided to strike Iran´s nuclear facilities in “legitimate self-defense.”›› (Landler. In: NYT. 16.01.14)

US-Militärunterstützung wenn Israel einen Angriff auf den Iran startet? Dies hätte Israel und zahlreiche US-Repräsentanten wohl gerne. Mitte letzten Jahres hieß es schließlich wieder von Netanjahu:

 “They have to know you’ll be prepared to take military action; that’s the only thing that will get their attention.”. (Rudoren and Sanger, In NYT. 14.07.13)

Bleibt zu hoffen dass am Ende nicht schon wieder die Falken auf uns herabstürzen.

Siehe hierzu:

Bald Chlor-Hühnchen, Klon-Rinder und Gen-Mais auf dem Teller?

Das bevorstehende transatlantische Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten macht anscheinend auch vor den Snowden-Enthüllungen keinen Halt. Stattdessen gibt es einen Maulkorb für die EU-Vertreter und das Abkommen verspricht einen riesen Profit – für die Industrie.

Report München titelt:

„Geheimoperation transatlantisches Freihandelsabkommen. Ein Angriff auf Demokratie und Verbraucherschutz?„ (BR-Blog. 26.12.13)

Sorgt das neue Abkommen für die Senkung der Hygienestandards in der Lebensmittelindustrie, da angelsächsische Profitinteressen wichtiger sind als unsere Gesundheit? Oder drohen der europäischen Wirtschaft Schadensersatzklagen, wenn sie kein billiges Hormonfleisch oder in Chlor eingelegte Hühnchen einführen lassen möchte? “Amerikanische Unternehmen könnten dann beispielsweise klagen, wenn EU-Umweltgesetze ihre Gewinnaussichten schmälern” so Grünen-Abgeordnete des Europaparlaments Keller in der ZEIT.

Einheitliche Kontrollen von Nutztieren wie Geflügel sind in den Vereinigten Staaten bereits dem jüngsten Haushaltsstreit zum Opfer gefallen. Senat und Repräsentantenhaus haben sich gerade auf einen Haushalt geeinigt, Kompromisse bleiben da nicht aus:

“And some new regulations supported by liberals would be blocked, including a standard for … livestock and poultry controls.” (Jonathan Weisman; In: NYT. 13.01.14)

Leider scheinen die Verhandlungen über das transatlantische Freihandelsabkommen auf Regierungsebene im Geheimen abzulaufen.

„Alle Unterlagen der Verhandlungen sind „restricted“ – geheim. Wir kommen dennoch an ein Papier der EU-Kommission. Darin sind die Vorbereitungstreffen zum Freihandelsabkommen aufgelistet. 95% sind mit Industrievertretern.“

Mike Lingenfelser, Hendrik Loven, Sabina Wolf zeigen ihren Report München Beitrag hier im BR-Blog.

Siehe hierzu:

Geld regiert die Welt [wdr – die story]

Die Reporter vom WDR gehen in ihrer Sendung die Story (13.01.14) den Schaltstellen des modernen Finanzkapitalismus auf den Grund. Zu den internationalen Großbanken gesellt sich Lorenz alias Larry Fink von BlackRock in Manhatten. Sein Anlagevermögen beläuft sich danach auf ca. $4.000.000.000.000 mit Beteiligungen an bedeutenden Konzernen – auch in Deutschland. Die verwalteten 4 Billionen Dollar sind das 10-fache des Bundeshaushalts, wie in der folgenden Sendung berichtet.

„Richtig verdient hat BlackRock nach der Krise. Im Auftrag der US-Regierung wurden Pleite-Banken abgewickelt und Erste Hilfe auf dem US-Hypothekenmarkt geleistet. Später haben Experten aus New York für Einblicke in Griechenlands Finanzen gesorgt, im Auftrag der griechischen Zentralbank. Krise ist immer gut fürs Geschäft – und Staatsschulden erst recht.“

Glatzfelder hat in der Schweiz sämtliche Wirtschaftsdaten analysiert und stößt auf ein Geflecht untereinander vernetzter Finanzakteure. 147 Unternehmen kontrollieren demnach die Hälfte der globalen Wirtschaft und das Netz gegenseitiger Beteiligungen wird immer weiter gesponnen.

Auch DIE ZEIT hatte bereits auf niedrigerer Ebene die Grafik „Wem gehört die Welt“  und das Netz der Markenkraken veranschaulicht.

Der TV-Bericht zeigt wie die anfänglich soziale Marktwirtschaft vom angelsächsischen Fiananzkapitalismus immer weiter verdrängt wird – und diejenigen auf dem Globus, die auch in Deutschland dafür bezahlen müssen.

Thomas Küchenmeister von der Organisation Facing Finance kommt hier u.a. zu Wort. In deren Blog und Bericht Dirty Profits Report werden Unternehmen gelistet, die vom Verstoß gegen Menschenrechte profitieren.

„In 10 Jahren hat sich die Zahl der Milliardäre auf dem Globus vervierfacht.“  Es haben sich riesige Machtbereiche etabliert – unkontrolliert und unbeeindruckt von der Politik.

Eine Armee von Lobbyisten torpediert den Dodd Frank Act, u.a. initiiert, um mehr Tranzparenz auf den Finanzmärkten herzustellen.

Ungefähr sechs Lobbyisten auf jeden Kongress-Abgeordneten und eine geschätzte Milliarden Dollar für die Lobbyarbeit gegen dieses Gesetz. „Yet, incredibly, the financial sector dramatically increased its spending after Dodd-Frank was signed.” (Rivlin. 30.04.13; In: The Nation) Wen wundert es da dass die Hälfte aller US-Kongressabgeordneten Millionäre sind. (Lipton, Eric. 09.01.14; In: NYT)

Natürlich attackiert die Lobby-Front auch die europäische Legislative, wie im Vorfeld bereits berichtet. Die Expertengremien der EU-Kommission sind bis zu zwei Drittel mit Vertretern des Kapitals besetzt.

In dieser Story geht es nun um ein mächtiges und weltumspannendes Finanznetzwerk:

Siehe auch hierzu:

  •  Finanzierungsrunde bei Dropbox: Speicherdienst sammelt 250 Millionen Dollar ein. Ein großer Teil des eingesammelten Kapitals soll vom Finanzinvestor Blackrock stammen. (Spiegel Online. 18.01.14)

Erster Blogger in den USA inhaftiert.

In Alabama ist der Blogger Roger Shuler wegen wiederholter Beleidigung der Mächtigen inhaftiert worden. Damit ist er der Einzige aus der westlichen Hemisphäre auf der Liste inhaftierter Journalisten der NGO Committee to Protect Journalists – zusammen mit Chinesen, Iranern und Ägyptern.
Die New York Times schreibt dass Shuler Personen des öffentlichen Lebens bereits sechs Jahre lang mit fadenscheinigen Korruptionsvorwürfen und umfangreichen Verschwörungstheorien piesackt. Bei den Gerichtverhandlungen gegen die Polizeibehörde, das Sheriff´s Department, den Staat und zwei Richter habe er meistens verloren. Ein Unruhestifter, sozusagen.
Der frühere Sport-Reporter und Angestellte der PR-Abteilung einer Universität wurde bereits letzten Oktober wegen Missachtung einer Verleumdungsstrafe inhaftiert. Bei der angeblichen Diffamierung Shulers handelte es sich um den Sohn eines Gouverneurs.
Einige Rechtsexperten in den Vereinigten Staaten sehen in den Umständen seiner Verhaftung und dem Richterspruch einen Verstoß gegen die amerikanische Verfassung. Das First Amendment, sprich Rede- und Meinungsfreiheit, wird als Grundpfeiler der Demokratie betrachtet. Doch dieser Pfeiler scheint immer weiter zu bröckeln, zieht man den Umgang mit den Journalisten in zahlreichen Leak-Verfahren unter der Obama-Präsidentschaft heran.
In diesem Fall habe der Delinquent häufig anzügliche Behauptungen ins Netz gestellt, z.B. das der Bundesrichter in einem Pornomagazin für Schwule erschienen sei und hinter einigen Selbstmorden eine Serie politisch motivierter Morde stecke. Eine Behauptung war, dass der Gouverneurs-Sohn Riley Jr. die Lobbyistin Ms. Duke geschwängert und heimlich für eine Abtreibung gezahlt hat. Er erhielt daraufhin eine gerichtliche Verfügung.

„A judge issued a temporary restraining order in September barring the Shulers from publishing „any defamatory statement“ about Mr. Riley and Ms. Duke and demanding that the offending posts be immediately removed.” (Robertson, In: NYT. 11.01.14)

Doch die Shulers waren resistent, nahmen den Gerichtsbescheid an ihrer Haustüre nicht entgegen.
Eines nachmittags fuhr der inzwischen wegen zahlreicher Gerichtskosten mittellose Blogger in die örtliche Bibliothek, um seinen Blog von dort aus zu bestücken. Für die Internet-Verbindung zu Hause war kein Geld mehr vorhanden. So wurde er wegen der Missachtung eines Stopp-Schildes von einem Officer mit dem Gerichtsbescheid in der Hand angehalten. Shuler akzeptierte den Empfang unter solchen Bedingungen nicht, schmiss die Papiere wieder aus dem Fenster und setzte seinen Weg fort. Eine Anhörung am Folgetag wurde ebenso versäumt und eine ähnlich klingende gerichtliche Verfügung ersetzte die Vorherige „which some free-speech advocates saw as a clear violation of Mr. Shuler´s First Amendment rights.“ (Robertson, In: NYT. 11.01.14)
Shuler bloggte weiter und wurde schließlich auf seiner Garageneinfahrt wegen Missachtung des Gesetzes und Wiederstand gegen seine Verhaftung festgenommen.
In einer späteren Anhörung verlas der Richter sein endgültiges Urteil: keine derartigen Publikationen mehr über diesen Fall Riley und Ms Duke, knapp $34,000 Gerichtskosten, die Entfernung des entsprechenden Blog-Posts, oder weiterhin gesiebte Luft schnuppern.
Ein Ex-Staatsanwalt (federal prosecutor) aus LA und andere sind der Meinung, bevor ein Richter die Redefreiheit einschränken könne, müsse die üble Nachrede vor Gericht zunächst bewiesen, oder ein Gerichtsprozess geführt worden sein. Die bloße Abfolge von Anhörungen und einzig vom Ankläger präsentierte Beweismittel reichen nicht aus.

„Idiocy is not a zero-sum game,“ Mr. White said. “I think you can say that what the court is doing is unconstitutional and troublesome and also that Shuler is his own worst enemy.” (Robertson, In: NYT. 11.01.14)

Derweil ist der Blogger Shuler noch immer in Haft, unwillig seine Posts zu entfernen und einen Anwalt gegen seine Inhaftierung einzuschalten.

Und wie ist die Rechtslage in Deutschland in Sachen “Blogger und das Presserecht“?