NYT berichtet über gesundheitsschädliche Kinderarbeit auf US-Tabakplantagen

Die New York Times berichtet heute über den Arbeitsalltag auf US-amerikanischen Tabakplantagen. 12-jährige Kinder und noch jünger, arbeiten im Land der unbegrenzten Möglichkeiten bei Hitze in 12 Stunden-Schichten und sind dabei Nicotin-Vergiftung, Pestiziden und Dehydrierung ausgesetzt.

Die 13-jährige Saray Cambray Alvarez versucht auf dem Feld die Vergiftungserscheinungen der ‹‹green tabacco sickness›› mit schwarzen Mülltüten um Körper und Gesicht zu vermeiden. Sie stülpt die Plastiktüten mit den anderen Kindern um die Arme, um sich vor Erbrechen, Schwindel, Herzrhythmus-Störungen und anderen Symptomen zu schützen. Während sie in der Hitze Unkraut und unbrauchbare Blätter pflückt, wird sie auch sehr durstig. Doch die Wasserspender stehen weit weg. So kann sie manchmal über 90 Minuten keine Flüssigkeit zu sich nehmen. Schwindel und Übelkeit sind hier geläufig.

US-Gesundheitsexperten sagen dass hunderte unter 16-jährige Kinder wie Saray auf US-Amerikanischen Tabakfeldern arbeiten. Gerade für Kinder ist die Arbeit sehr gefährlich, so Dr. Thomas A. Arcury, Professor am Wake Forest Baptist Medical Center. Kinder sind noch in der Entwicklung, die haben eine größere Körperoberfläche im Vergleich zur Körpermasse. Das Gehirn entwickelt sich noch. Auch der Sprecher des Arbeitsministeriums, Carl Fillichio, ist besorgt über die Gesundheitsrisiken der Plantagenkinder.  ‹‹“We are concerned about the serious health effects that may be experienced by young people working on tobacco farms,” he said. ›› (Greenhouse. In: NYT. 06.09.14)

Das US-Bundesgesetz erlaubt es 12-jährigen auf Farmen ohne Zeitlimit zu arbeiten, solange kein Konflikt mit der Schulpflicht bestehe. Für Arbeiten außerhalb der Agrikultur begrenzt der Gesetzgeber die Arbeit auf 8 Stunden täglich für über 14-Jährige.

Doch vor Jahren schon haben US-Gesundheitsexperten und Beamte des Arbeitsministeriums versucht Teenager unter 16 Jahren von den Tabakfeldern gesetzlich fernzuhalten – vergeblich. Die frühere Gesundheitsministerin Hilda Solis habe die Gesundheitsgefahren gekannt und wollte die Arbeit an anderen Tabak produzierenden Ländern, wie Brasilien und Indien, angleichen. Hier ist die Arbeit auf den Feldern unter 18 Jahren verboten. Doch der Druck der Farmvertreter und Republikaner war zu mächtig. So wurde der Gesetzesvorschlag im April 2012 im Wahlkampf um Obamas Wiederwahl kassiert. Das Thema sollte während seiner Amtszeit nicht mehr aufkommen, so die New York Times.

North Corolina ist mit ca. 1800 Tabakfarmen und 30.000 Arbeitern der größte Tabak produzierende Staat in den USA. Jedes Jahr werden von den Arbeitern 400 Millionen Pfund geerntet. Graham Boyd, Vizepräsident von Tabacco Growers Association of North Carolina, entgegnet dem Vorwurf der Gesundheitsgefahren auf den Feldern: ‹‹“No one is going to say it´s a day at the beach,“ Mr. Boyd said. ›› (Greenhouse. In: NYT. 06.09.14)

Human Rights Watch hat letztes  Jahr 141 Arbeiter auf den Tabakfeldern im Alter von 7-17 Jahren für eine Langzeitstudie befragt – Dreiviertel der Befragten haben unter Übelkeit, Schwindel und Hautausschlag gelitten.

Die 15-jährige Esmeralda Juarez hat zusätzlich noch ganz andere Probleme. Von  ihren langen schwarzen Haaren und schüchternen Lächeln fühlt sich ihr Arbeitgeber angezogen. Er zieht an ihrer Kleidung, macht Fotos von Hinten und nennt sie ‹‹“Prinzessin“›› oder ‹‹“Baby“››. Da die meisten Tabakfarmen hätten keine portablen Toiletten hätten, müssten viele Frauen in den Büschen verschwinden. Esmeralda wartet lieber und verkneift es sich, bis sie zu Hause ist.

„An dem Job gibt es nichts gutes, außer dass Du bezahlst wirst“, sagt sie. Ihre 19 jährige Schwester Neftali arbeite auf den Feldern, seitdem sie 12 Jahre alt ist. Edinson Buesco Ramirez, 15, erinnert sich an Sommerzeiten, an denen er mit vielen 12- und 13-Jährigen, sogar einem 10-jährigen Kind, zusammen gearbeitet hat. Den Farmern kommt das jugendliche Alter zu Gute, sagt er. „Sie können dich bei der Bezahlung abzocken.“ Viele Kinderarbeiter auf den Feldern sind Immigranten, die Familien brauchen das Geld, Rechnungen müssen bezahlt werden.

Große Tabakkonzerne sagen sie seien strikt gegen gesetzeswidrige Kinderarbeit. Philip Morris International verbietet laut NYT den Farmern Arbeiter unter 18 Jahren zu beschäftigen, auch wenn dies in den USA gesetzlich nicht verankert ist. Ob sich alle Bauern daran halten ist nicht gewiss.  “Wir würden einen strikteren US- Gesetzesentwurf in Anlehnung an unsere Standards begrüßen“, sagt Miguel Coleta, zuständig im Konzern für Arbeitspolitik.

Doch weder Reynolds, noch Altria, haben solche internen Regeln. Reynolds empfiehlt seinen Lieferanten unter 18-Jährige von gefährlicher Feldarbeit fernzuhalten.

Weblinks: