Jeder stirbt für sich allein

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Während gerade das Jubiläum es deutschen Mauerfalls gefeiert wird, stellt die Bühne Halle gekonnt Fallada’s gesellschaftskritische Stück Jeder stirbt für sich allein dar. Grandios spielen die Schauspieler des Neuen Theaters die Zeit des Nationalsozialismus und dortigen Verhältnisse nach. Zur gleichen Zeit, in der einem 22-jährigen Palästinenser von der israelischen Polizei in den Rücken geschossen wird, spielen Danne Suckel die Jüdin Rosenthal und Peer-Uwe Teska einen Gestapo-Kommissar, der feindlich gesinnte Elemente und eine Gefährdung der Staatsordnung aufspüren und eliminieren muß.

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Das Stück von Fallada, das auf einem authentischen Fall im Berlin der Kriegsjahre beruht, fesselt das gesamte Auditorium in der nahezu voll besetzten Kammer des Neuen Theaters.
Packend und erschreckend zugleich werden die menschlichen Befindlichkeiten in der damaligen Zeit inszeniert, um den eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen oder mit dem Strom mitschwimmen zu können. Lug, Betrug und Verrat spielen in diesem menschlichen Drama die Hauptrollen, aber auch Mut zum Widerstand finden ihren Platz.
Das Berliner Ehepaar Quangel bricht plötzlich die Mauer des Schweigens und beginnt nach dem Tod des einzigen Sohnes im Frankreich-Feldzug Pamphlete zu verteilen. Sie bleiben dabei lange unentdeckt. Die Suche nach den Staatsverrätern gibt dabei ein erschreckend präsentes Bild menschlicher Triebfedern, die völlig losgelöst von Raum und Zeit betrachtet werden können.
Die acht Darsteller um die Regiesseurin Alice Asper überzeugen das Publikum mit ihrem schauspielerischen Geschick, während die Zuschauer mehr oder weniger unfreiwillig die Rolle des Volkes einnehmen. So geht man in der Spielpause nach dramatischen und eindringlichen Szenen schnell zum Alltagsgeplapper über und vermeidet damit tunlichst das Bewußtsein, dass uns hier ein Spiegel vorgesetzt wird.

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