Es reicht

So titelt DIE ZEIT in ihrer aktuellen Ausgabe auf der Titelseite über den US-Spion beim Bundesnachrichtendienst.

Die deutsch-amerikanischen Beziehungen seien angespannt, den Veröffentlichungen Snowdens hat man außer einem Achselzucken nicht viel entgegensetzen können. Was hätte man auch machen sollen, auch im NSA-Untersuchungsausschuss lauerte schließlich eine amerikanische Wanze mit menschlichem Antlitz. Nach dem jüngsten Vorfall wird die Empörung mal wieder aufgeschäumt, wieder mal ein klarer Fall von Symbolpolitik.  Die Zeitung der Atlantikbrücke schreibt, man könne den Schaden auch nicht überbewerten, unser Politik…

„…braucht Obama und die Vereinigten Staaten überall, in der Ukraine, bei den Atomverhandlungen mit dem Iran, bei der Bankenregulierung, in Südostasien. Denn im Zweifel, wenn es gegen Putin geht oder gegen Peking, dann sind uns die Vereinigten Staaten doch sehr viel näher als Russland oder China. Aus Tradition und weil sie ähnliche Interessen und Werte haben, im Prinzip jedenfalls: Toleranz, Individualismus, Rechtstaatlichkeit.“ (DIE ZEIT. 10.Juli 2014. S. 1)

Daher bemühte sich die Kanzlerin bei ihrem Peking-Besuch „für ihr Modell zu werben, das westliche, das auf Freiheit und Wohlstand durch Selbstverwirklichung des Individuums gründet.“ (DIE ZEIT. 10.Juli. 2014. S. 2)

Es stimmt zwar dass wir die USA auch als Mitspieler für die Atomverhandlungen mit dem Iran brauchen, aber treten wir in diesem Konflikt nicht hauptsächlich als Mediator für die Vereinigten Staaten im Interesse Israels auf? Natürlich sind auch wir  an einer stabilen Weltordnung interessiert, doch das größte Interesse liegt doch in der Sicherheitspolitik der Regionalmächte im Nahen Osten.

„Die Haushaltsmittel in Washington sind knapp, aber unser Bekenntnis zu Israels Sicherheit bleibt eisern. Die Vereinigten Staaten haben sich verpflichtet, mehr als drei Milliarden Dollar pro Jahr bereitzustellen, um Israels Sicherheit bis zum Jahr 2018 mitzufinanzieren. In allen Bereichen macht unsere so noch nie da gewesene Sicherheitskooperation Israel sicherer…“ (Barack Obama, In: DIE ZEIT. 10.Juli 2014. S.1)

Die guten Beziehungen der USA zum Ägyptens Militär, das schon unter Mubarak reichlich von amerikanischen Waffenlieferungen und Finanzhilfe profitiert hat, müssen zweckdienlich sein.

„Auf absehbare Zeit scheint die mächtigste Strömung des politischen Islams, die Muslimbruderschaft, tödlich verwundet und von der Macht vertrieben. Selbst in Gaza, wo die Tochterorganisation Hamas noch regiert, ist ihre Attraktion gebrochen. Sie kann weder Israel noch die säkulare Fatah existentiell herausfordern. Ägypten unter Präsident Sissi schneidet Hamas von der Versorgung ab. Hamas in Gaza – so schlimm der jetzige Krieg auch werden mag – kann Israel jederzeit managen.“ (DIE ZEIT. 10. Juli. 2014  S.6)

Dass die Muslimbrüder nach Mubaraks Sturz die Parlamentswahlen 2012 mit 47 % gewonnen haben und anschließend vom ägyptischen Militär mit Gewalt und einem Massaker an den Protestierenden gestürzt wurden, war wohl ein notwendiges Opfer, um die westlichen Werte zu erhalten.  Machiavelli läßt grüßen.

Eine Lektüre zur Israel-Lobby in den USA lohnt sich in dem Fall für jeden Interessierten.

„Es ist ein Gefühl tiefer Enttäuschung hinzugekommen. Enttäuschung darüber, dass der große Bruder von einst heute oft so machtlos scheint. Er kann die 200 entführten Mädchen in Nigeria nicht retten, ist bis über beide Ohren bei China verschuldet, der israelischen Regierung hat er nichts mehr zu sagen, und bei so großen Themen wie dem Klimawandel oder der Gerechtigkeit ist Amerika, einst das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, eher Teil des Problems als der Lösung. Sein Freiheitsversprechen ist aus Sicht vieler Deutscher durch alles das entwertet worden.“ (DIE ZEIT. 10. Juli 2014. S. 3)

Die Staatskunst bestehe darin ein Zeichen setzen, um den Ärger über unsere Befreier jenseits des Atlantiks Ausdruck zu verleihen. Vielleicht solle man Edward Snowden doch zum Untersuchungsausschuss in Berlin einladen. Welchen Sinn soll das machen? Auch wenn viele ihr Bett mit Snowden teilen würden, wer sagt dass nicht noch weitere Agenten in diesem ominösen NSA-Untersuchungsausschuss sitzen. Der US-Geheimdienst fühlt sich schließlich in Deutschland sehr wohl, den Bundesnachrichtendienst hat er schließlich nach dem II. Weltkrieg aufgebaut. Also werden die

„Aktivitäten der amerikanischen Dienste .. von Deutschlands Verfassungsschützern gar nicht überwacht. Es war bisher nicht opportun, Partner und Alliierte ins Visier zu nehmen. Dass [der Spion, d.V.] Markus zur amerikanischen Botschaft in Berlin Kontakt knüpfte, blieb vermutlich just deshalb unbemerkt; er musste sich an die Russen wenden, um aufzufallen.“ (DIE ZEIT. 10. Juli. 2014. S. 3)

So machtlos scheinen die Vereinigten Staaten dann doch nicht zu sein, zumindest in Bezug auf seinen kleinen Bruder Deutschland. Welche Freiheit bleibt eigentlich dem mündigen Bürger, wenn nicht nur Kritiker, sondern gleich alle Menschen überwacht werden?

„Die Amerikaner finden zwar heraus, was die Cousine eines Taliban-Sympathisanten auf ihre Geburtstagstorte schreibt, aber sie ahnten nicht, dass plötzlich Tausende Islamisten im Irak auftauchen würden. Was ist da los?“ (DIE ZEIT. 10. Juli 2014. S. 3)

Die Dienste haben Waffen über Drittstaaten am Persischen Golf  für den Kampf gegen Israels Nachbarn Assad verkauft und die Welt wundert sich dass diese auf anderen Schlachtfeldern wieder auftauchen? Immerhin ist Syrien jetzt seine chemischen Waffen los und die Welt ist wieder ein Stück sicherer geworden.