Erster Blogger in den USA inhaftiert.

In Alabama ist der Blogger Roger Shuler wegen wiederholter Beleidigung der Mächtigen inhaftiert worden. Damit ist er der Einzige aus der westlichen Hemisphäre auf der Liste inhaftierter Journalisten der NGO Committee to Protect Journalists – zusammen mit Chinesen, Iranern und Ägyptern.
Die New York Times schreibt dass Shuler Personen des öffentlichen Lebens bereits sechs Jahre lang mit fadenscheinigen Korruptionsvorwürfen und umfangreichen Verschwörungstheorien piesackt. Bei den Gerichtverhandlungen gegen die Polizeibehörde, das Sheriff´s Department, den Staat und zwei Richter habe er meistens verloren. Ein Unruhestifter, sozusagen.
Der frühere Sport-Reporter und Angestellte der PR-Abteilung einer Universität wurde bereits letzten Oktober wegen Missachtung einer Verleumdungsstrafe inhaftiert. Bei der angeblichen Diffamierung Shulers handelte es sich um den Sohn eines Gouverneurs.
Einige Rechtsexperten in den Vereinigten Staaten sehen in den Umständen seiner Verhaftung und dem Richterspruch einen Verstoß gegen die amerikanische Verfassung. Das First Amendment, sprich Rede- und Meinungsfreiheit, wird als Grundpfeiler der Demokratie betrachtet. Doch dieser Pfeiler scheint immer weiter zu bröckeln, zieht man den Umgang mit den Journalisten in zahlreichen Leak-Verfahren unter der Obama-Präsidentschaft heran.
In diesem Fall habe der Delinquent häufig anzügliche Behauptungen ins Netz gestellt, z.B. das der Bundesrichter in einem Pornomagazin für Schwule erschienen sei und hinter einigen Selbstmorden eine Serie politisch motivierter Morde stecke. Eine Behauptung war, dass der Gouverneurs-Sohn Riley Jr. die Lobbyistin Ms. Duke geschwängert und heimlich für eine Abtreibung gezahlt hat. Er erhielt daraufhin eine gerichtliche Verfügung.

„A judge issued a temporary restraining order in September barring the Shulers from publishing „any defamatory statement“ about Mr. Riley and Ms. Duke and demanding that the offending posts be immediately removed.” (Robertson, In: NYT. 11.01.14)

Doch die Shulers waren resistent, nahmen den Gerichtsbescheid an ihrer Haustüre nicht entgegen.
Eines nachmittags fuhr der inzwischen wegen zahlreicher Gerichtskosten mittellose Blogger in die örtliche Bibliothek, um seinen Blog von dort aus zu bestücken. Für die Internet-Verbindung zu Hause war kein Geld mehr vorhanden. So wurde er wegen der Missachtung eines Stopp-Schildes von einem Officer mit dem Gerichtsbescheid in der Hand angehalten. Shuler akzeptierte den Empfang unter solchen Bedingungen nicht, schmiss die Papiere wieder aus dem Fenster und setzte seinen Weg fort. Eine Anhörung am Folgetag wurde ebenso versäumt und eine ähnlich klingende gerichtliche Verfügung ersetzte die Vorherige „which some free-speech advocates saw as a clear violation of Mr. Shuler´s First Amendment rights.“ (Robertson, In: NYT. 11.01.14)
Shuler bloggte weiter und wurde schließlich auf seiner Garageneinfahrt wegen Missachtung des Gesetzes und Wiederstand gegen seine Verhaftung festgenommen.
In einer späteren Anhörung verlas der Richter sein endgültiges Urteil: keine derartigen Publikationen mehr über diesen Fall Riley und Ms Duke, knapp $34,000 Gerichtskosten, die Entfernung des entsprechenden Blog-Posts, oder weiterhin gesiebte Luft schnuppern.
Ein Ex-Staatsanwalt (federal prosecutor) aus LA und andere sind der Meinung, bevor ein Richter die Redefreiheit einschränken könne, müsse die üble Nachrede vor Gericht zunächst bewiesen, oder ein Gerichtsprozess geführt worden sein. Die bloße Abfolge von Anhörungen und einzig vom Ankläger präsentierte Beweismittel reichen nicht aus.

„Idiocy is not a zero-sum game,“ Mr. White said. “I think you can say that what the court is doing is unconstitutional and troublesome and also that Shuler is his own worst enemy.” (Robertson, In: NYT. 11.01.14)

Derweil ist der Blogger Shuler noch immer in Haft, unwillig seine Posts zu entfernen und einen Anwalt gegen seine Inhaftierung einzuschalten.

Und wie ist die Rechtslage in Deutschland in Sachen “Blogger und das Presserecht“?

Das Welt(bild)-Herz hört auf zu schlagen – Finanzspritze der Kirche war nur Placebo.

Christianity and Cleavage

In der Vorweihnachtszeit wunderte man sich noch über eine Kirche mit Herz. Deutschlands zweitgrößter Buchhandelsverlag Weltbild sollte von seinen kirchlichen Eigentümern eine Reanimationsspritze bekommen, um überleben zu können. Doch wie Papst Franziskus bereits orakelt hat dass diese Wirtschaft tötet, versetzt die Katholische Kirche dem Weltbild-Verlag mit seinen rund 6300 Mitarbeitern den Todesstoß. Weltbild hat Insolvenz angemeldet. Das Handelsblatt berichtet das die Kirche als Eigentümerin eine weitere Finanzierung verweigert, so Spiegel Online.

„Die Eigentümerstruktur habe diese Probleme verschärft. Die Verlagsgruppe Weltbild gehört der katholischen Kirche, genauer: zwölf Bistümern, der Soldatenseelsorge Berlin und dem Verband der Diözesen Deutschlands. In den vergangenen Jahren hatten sich die Eigentümer wiederholt über das ihrer Meinung nach allzu weltliche Angebot ihres Buchhändlers beschwert. So durfte der freizügige Roman “50 Shades of Grey” zunächst nicht verkauft werden.“ (Spiegel Online. 10.01.14)

Hätten sie doch mal den Weltbestseller mit vertrieben, aber so rettet das Büchlein eben nur die Bertelsmann-Bilanz. Doch scheint die Kirche mit Volkes Sehnsüchten nicht all zu viel am Hut zu haben, sie verbreitet lieber den Glauben an die unbefleckte Empfängnis.

So wie sich Priester Msgr. William Lynn in den USA freuen kann wieder auf der Straße stehen zu dürfen, freuen sich die Weltbild-Mitarbeiter auf eine Auffanggesellschaft. Da sind sie bei der Kirche ja genau richtig – sollte man meinen.

Siehe hierzu:

  • Weltbild-Verlag. Bloß schnell raus. Mit dem Weltbild-Verlag setzte die katholische Kirche auf Wachstum. Jetzt gibt sie abrupt auf.(ZEIT 17.01.14)
  •  Insolvente Verlagsgruppe: Kirche springt bei Weltbild-Rettung ein (Spiegel Online. 24.01.14)
  •  Insolventer Kirchenverlag: Mindestens zwei Konzerne interessieren sich für Weltbild (Spiegel Online. 03.02.14)
  • Bedingung für Sanierung: Weltbild und Hugendubel teilen Filialen auf (Spiegel Online. 21.02.14)
  •  Insolventer Kirchenverlag: Weltbild schließt rund ein Viertel seiner Filialen (Spiegel Online. 28.04.14)

Demokraten und Republikaner setzen Fokus auf soziale Ungleichheit in den USA

Nachdem sich Präsident Obama und seine Demokratische Partei Ende Dezember für eine Verlängerung der staatlichen Beihilfe für Langzeitarbeitslose stark gemacht haben, hat jetzt der US-Senat unmittelbar nach seiner Winterpause für eine Verlängerung gestimmt. (s. USA TODAY. 07.01.14) Die Senatoren Jack Reed, D-Rode-Island, und Dean Heller, R-Nevada, haben ursprünglich eine Erweiterung der Hilfen um drei Monate vorgeschlagen.

In der George-W. Bush-Regierung wurde 2008 die Bundeshilfe für Langzeitarbeitslose für die Zeit nach dem Bezug des Arbeitslosengeldes eingeführt. In den vielen Staaten läuft der Bezug bereits nach 26 Wochen aus. (s. Reuters. 27.12.13)

In der Senats-Abstimmung votierten am Dienstag sechs Republikaner mit 54 Demokraten für eine Ausweitung der Bezüge um drei Monate. Damit wurden die nötigen 60 Stimmen für eine Mehrheit erreicht.

„These aren´t folks who are just sitting back, waiting for things to happen. They´re out there actively looking for work.” said President Obama, who supports the extension, at a White House event Tuesday with unemployed workers.” (USA TODAY. 07.01.14)

Das US-Arbeitsministerium gibt an dass der Anteil der Langzeitarbeitslosen in den USA bei 37% liegt.

Die meisten Republikaner im Kongress sind jedoch gegen die $6.4 Milliarden teure Erweiterung, wenn die Kosten nicht an anderer Stelle gekürzt werden. Die Demokraten sind gegen andere Kürzungen und betrachten die wöchentliche Unterstützung von ca. $300 pro Person als Notfall-Hilfe. Schließlich muss noch der US-Kongress die erweiterte Hilfe rechtzeitig bestätigen.

Derweil berichtet die New York Times dass beide Parteien in ihren diesjährigen midterm campaigns die soziale Ungleichheit in den Vereinigten Staaten thematisieren. „Poverty is suddenly the subject of bipartisan embrace“ (NYT. 08.01.14) Obama wird dies in seiner State of the Union– Rede diesen Monat ansprechen. Die Demokraten sind außerdem für die Erhöhung des Mindestlohnes, während die CSU hier zu Lande Einschränkungen diesbezüglich fordert. Der US-Republikaner

„Mr. Rubio…declared that Democratic proposals do nothing to atack the societal issues that contribute to poverty. “Raising the minimum wage may poll well, but having a job that pays $10 an hour is not the American dream,” he said.” (NYT. 08.01.14)

Auch die Republikaner wollen wiedergewählt werden und haben anscheinend aus den Fehlern ihres Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney 2012 gelernt. Viele arbeitende Amerikaner haben in ihm nicht den richtigen Repräsentanten gesehen. Nachdem die Republikaner in North Carolina u.a. Sozialprogramme gekürzt haben, kam es zu Protesten in Raleigh. Der einflussreiche Republikaner aus Wisconsin, Paul D. Ryan,

says the government social safety net has „failed miserably.“ (NYT. 08.01.14)

Es bleibt abzuwarten ob es sich hierbei nur um reine Lippenbekenntnisse und Wahlkampftaktik handelt, während auch in Europa die Arbeitslosigkeit auf Rekord-Niveau ist und Rolls-Royce sowie Porsche einen Umsatzrekord brechen.

Mitspielen und Stärke zeigen

Quelle: AFP; In: Bild. 08.01.14.
Quelle: AFP; In: Bild. 08.01.14.

Unsere arme Kanzlerin, gestürzt und weiterhin an der Macht! Die unabhängige und überparteiliche Bild-Zeitung titelt heute:

„Merkel an Krücken. Blitz-Termin im Kanzleramt! Trotz ihres Ski-Unfalls (Beckenbeinbruch) begrüßte Kanzlerin Angela Merkel (59, CDU) gestern kurz die Sternsinger im Kanzleramt – auf Krücken!“

Aus medizinischer Sicht sicher eine vernünftige Entscheidung der Kanzlerin, denn

„den Rat der Ärzte schießt Angela Merkel (59, CDU) erstmal in den Wind – der Politik zuliebe“ (Bild. 08.01.14)

Regierungsberater und die christlich demokratische Partei werden ihr wohl zur Wahrnehmung dieses Fototermins dringend geraten haben. Die lieben Sternsinger hätten der Kanzlerin das Platzen des Fototermins aus gesundheitlichen Gründen sicher sehr übel genommen. Was muss die arme Frau Merkel nicht alles machen, um auf dem Titelbild der Bild-Zeitung zu glänzen. Damit zeigt sie ihre Stärke und Regierungsfähigkeit – jedoch nur symbolisch. Sie muss sich fügen, um allen Erwartungen aus der Partei gerecht zu werden. Sonst würde das Volk noch denken die Chefin sei nicht mehr regierungsfähig und CDU stehe für chronisch demolierte Union. Oder ist der Fototermin mit den Sternsingern für unsere Republik so wichtig, um vom Krankenbett „[n]ur für die Sternsinger…kurz ins Kanzerlamt“ zu fahren? (Bild. 08.01.14. S.2)

Am wichtigsten ist ihr wohl das Schauspiel auf der politischen Bühne und die Regieanweisungen zu befolgen, um das Zepter weiter in der Hand halten zu können. Fragt man sich nur wer der Regisseur ist.

Die Bild-Zeitung stützt sie:

LASSEN SIE SICH VON DIESEN KRÜCKEN NICHT TÄUSCHEN, HERR Gabriel!
Merkel ist zäh!
Sie arbeitet 18 Stunden am Tag, verhandelt Nächte durch bei Gipfeltreffen, verbeißt sich heute mit verschiedenen Sitzpositionen die Schmerzen…
Fotos mit Krücken sagen: Diese Frau ist nicht wehleidig – sie ist ein Pflichtmensch, uneitel, arbeitsam. (Bild. 08.01.14. S.2)

Ein Blick auf Köln

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Köln ist immer einen Besuch wert. Man braucht nicht nur die 533 Stufen den 157 Meter hohen Dom zu besteigen, um einen guten Überblick auf die Kölner Veedel (Stadtviertel) zu erlangen. Direkt am Hauptbahnhof gelegen, lohnt auch ein Blick in das Innere des 873 geweihten Kölner Dom. Über der Schatzkammer glitzert ein goldener Schrein, angeblich mit den Gebeinen der Heiligen Drei Könige.

Wer mehr von der Stadt und ihrer Geschichte erfahren möchte kann in der Innenstadt bequem zu Fuß 12 weitere romanische Kirchen besuchen. Auf dem Weg dorthin gewinnt man außerdem einen ersten Eindruck des Stadtlebens.

Direkt am Dom ist die Tourist-Information mit ihrem Köln-Shop. Neben allerlei Nippes (Krims-Krams) sind hier u.a. das Kölsche Grundgesetz, ein Kölsch-Lexikon oder Museums-Ticket zu erwerben.

Ein Köln-Trip ohne Brauhaus-Besuch ist jedoch kaum vorstellbar. Das heimische Gebräu darf nur den Namen Kölsch tragen, wenn es auch in Köln gebraut wurde. Am besten man überzeugt sich selbst in einem der Brauhäuser vor Ort, lässt sich vom Zappes ein frisches Kölsch zapfen und vom Köbes (Kellner) schließlich in der Kölsch-Stange servieren.

Wer danach noch Zeit und Geld übrig hat kann danach am Rheinufer entlang durch die Altstadt laufen. Zu Fuß oder mit der Seilbahn über die Zoobrücke erreicht man den Rheinpark. Wer jetzt noch nicht ins Schwitzen gekommen ist sollte einen Besuch in der Claudius Therme in Erwägung ziehen. Sie ist direkt unter der Zoobrücke auf der schääl Sick (rechtsrheinisch) gelegen. Hier kann man sich mit Domblick und Sicht auf die Kölner Altstadt im warmen Thermalwasser laben und einer schönen Saunalandschaft wieder aufwärmen.

Auf dem Rückweg zum Hauptbahnhof lohnt sich ebenfalls der 360 -Blick von der Triangel-Aussichtsplattform. Für 3 € fährt der Fahrstuhl die 28 Stockwerke auf 160 Meter hinauf und dem Besucher wird ein wunderschöner Panorama-Blick auf Köln und seine Umgebung geboten.

Wieder unten angelangt braucht man von hier aus nur noch über die Hohenzollernbrücke den Eisenbahnschienen zum Köln HBF zu folgen. Auf der über 400 Meter langen Brücke sieht man wahrscheinlich ein Liebespaar auf der Suche nach einem freien Platz am Brückengatter, um ihr persönliches Schloss dort zu befestigen und den zugehörigen Schlüssel schließlich auf immer und ewig im Rhein zu versenken.

Kirchen-in-Koeln

Quer durch Deutschland kostengünstig mit dem Fernbus reisen

Wer noch zu Weihnachten oder anderen feierlichen Anlässen die buckelige Verwandtschaft besuchen möchte, fährt günstig mit dem Fernbus.
Seit dem Fahrplanwechsel der Deutschen Bahn Mitte Dezember können wir uns nicht nur auf weitere Verspätungen, sondern auch höhere Preise verlassen.
Vielleicht hat man ja Glück und findet spontan Restplätze für 26 €. Dem Glücklichen schlägt zwar keine Stunde, aber kann man sich hierauf verlassen?
Das Quer-durchs-Land-Ticket der Bahn kostet jetzt 44 € und für jede weitere Person 8 € Aufschlag, statt bisher 6 €.
Da lohnt sich die Reise mit dem Fernbus, wenn man für schlechten Service nicht mehr Geld ausgeben möchte.
Zahlreiche Busunternehmen sind den Wettbewerb angetreten und teilen die Routen durch Deutschland und der Welt untereinander auf.

Quelle: SZ
Quelle: SZ

Für den schnellen Überblick lohn sich ein Klick auf Wikipedia. Auf der Liste von Fernbuslinien in Deutschland  werden stets aktuell alle Verbindungen innerhalb der großen Städte mit den jeweiligen Anbietern aufgelistet.
Sie SZ zeigt das Streckennetz großer Busunternehmen in einer interaktiven Grafik an.
Zu guter Letzt wird man garantiert auf einer der zahlreichen Fernbus-Suchmaschinen fündig, wenn man den Schienenverkehr und das Portemonnaie etwas entlasten möchte.

Gute Reise!

Ist eine Revolution unabwendbar?!

„[D]ie Kluft zwischen einer besitzlosen Arbeiterschaft und den über Produktionsmittel und -kapital verfügenden Fabrikanten (Kapitalisten)“ führt zu enormen gesellschaftlichen Verwerfungen. Der Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtverbands gibt ein Warnsignal. „Die Armut ist demnach auf einem Rekordhoch, das Land sozial und regional tief zerrissen.“ (Spiegel Online. 19.12.13) Ende des 18. Jahrhunderts sorgte die technische Weiterentwicklung gängiger Produktionsmethoden von Großbritannien ausgehend, für  Massenproduktion von Wirtschaftsgütern. Die Produktion verbilligte sich, Arbeitsschritte wurden immer weiter zergliedert und die Abhängigkeit des Arbeiters vom Industriellen nahm weiter zu.

„Die unkontrollierte Ausbeutung der Arbeitskraft (Kinderarbeit, fehlende Absicherung bei Unfällen, überlange Arbeitszeiten etc.) sowie die soziale Verelendung (Entwurzelung, Krankheit, Not) führten schließlich zu politisch erfolgreichen Gegenbewegungen (Gewerkschaften, Arbeiterparteien), die bei allen Wandlungen bis heute prägenden Einfluss auf das politische Leben haben.“ (bpb Politiklexikon)

Ziegler beschreibt zunächst drei Phasen gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Auswirkungen, die durch Umwälzungen gewerblicher Produktionsbedingungen hervorgerufen worden sind. Spinnmaschine und mechanischer Webstuhl stehen am Anfang der so genannten industriellen Revolution. Die Erfindung der Dampfmaschine erleichterte die Massenanfertigung von bisher manuell hergestellten Gütern.

Ein Jahrhundert später verhalf die Elektrizität der mechanischen Produktion zu mehr Produktivität. Um 1870 teilt Ziegler das erste Fließband und die Schlachthöfe von Cincinnati in die zweite Epoche der industriellen Revolution ein. Vorbild von Ford´s revolutionärer Idee „waren die Schlachthöfe von Cincinnati und Chicago, wo Endlosketten die an Fleischerhaken hängenden Tierkörper vorantrieben und jeder Arbeiter nur einen speziellen Handgriff oder Schnitt ausführte.“ (Geicke, Andre. In: DER SPIEGEL)

Seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts prägt die IT die dritte und derzeitige Epoche der industriellen Revolution. Computer und Roboter können programmierte (Teil-) Arbeitsschritte ausführen und menschliche Arbeitskraft outsourcen. Langsamere, fehleranfällige Arbeiter sind nicht mehr produktiv genug und zugleich Ressourcen-Verbraucher, die zum Abbau der Investitionskosten nicht mehr beitragen können.

Quelle: DFKI. In: c´t 26/ 2013. S.84
Quelle: DFKI. In: c´t 26/ 2013. S.84

Da die Technik und der gesellschaftliche Wandel nicht still steht, erwartet“ US-Starökonom Jeremy Rifkin .. sogar eine neue industrielle Revolution.“  (Fink. In: DIE ZEIT) Der britische Economist und zahlreiche Meinungsbildner springen auf diesen Zug auf und sagen der 3-D-Druck verändere die Welt. (s. Fink. In: DIE ZEIT. 04.10.12) Dabei ist die Möglichkeit des 3-D-Drucks nur eine Erscheinung der nächsten Umwälzung im industriellen Produktionsprozess.

„Oft rechnet sich ein herkömmlicher Gerätepark auch erst dann, wenn damit große Mengen von Schrauben, Blechen oder Rahmen produziert werden. Bei der M280 ist das anders: Die Maschine fertigt auch Einzelstücke.“ (Fink. In: DIE ZEIT. 04.10.12)

Ziegler nennt es Industrie 4.0, wenn Industrieanlagen mit Hilfe eines hohen Vernetzungsgrads und künstlicher Intelligenz „nicht nur die einzelnen Anlagenkomponenten miteinander kommunizieren können, sondern auch die zu bearbeitenden Werkstücke mit den Maschinen.“ (Ziegler. In: c´t 26/ 2013. S. 83) Neue Produktionsstandards sind im Wettbewerbskampf mit anderen (aufsteigenden) Industrienationen erforderlich. Dies soll durch billige Einzelanfertigungen oder günstige Produktion kleiner Margen möglich werden. Während Roboter jetzt schon untereinander vernetzt sind, soll Maschine-to-Maschine-Kommunikation (M2M) zukünftig über Firmen- und Landesgrenzen hinweg stattfinden. Das mit einem RFID-Chip versehene Werkstück empfängt an einer Schnittstelle die erforderlichen Daten zum weiteren Vorgehen und gibt diese während der laufenden Produktion an den fertigenden Roboter weiter. Dies ermöglicht individuelle Einzelanfertigungen kleiner Margen in einer Industrieanlage. Modulierte Systeme in der Automobil- und Möbelindustrie erlauben bereits heute Einzelanfertigungen. Grenzenlose Vernetzung soll diese Möglichkeiten bald auch für die Pharma-, Lebensmittel- und andere Industriezweige möglich machen.

Beispiel: Der Arzt verschreibt seinem Patienten eine Emulsion oder Pille mit bestimmter Dosierung und Wirkstoffkombination. Das Rezept landet mit dem Ein-Klick-Verfahren über eine sichere Leitung bei der autorisierten Produktionsanlage für Pharmaprodukte. Transport-Drohnen liefern anschließend die fertige Arznei zur nächstgelegenen Apotheke, wo sie am nächsten Tag zur Abholung bereit liegt.

„Bei einer fortschreitenden Automatisierung der industriellen Produktion durch Systeme, die sich auf Selbstkonfiguration und Selbstoptimierung verstehen, wird es nicht ausbleiben, dass Arbeitsplätze verloren gehen oder zumindest verlagert werden.“ (Ziegler, Peter-Michael. In: c´t 26/ 2013. S. 86)

Mit anderen Worten:

„Die Maschine, wovon die industrielle Revolution ausgeht, ersetzt den Arbeiter, der ein einzelnes Werkzeug handhabt, durch einen Mechanismus, der mit einer Masse derselben oder gleichartiger Werkzeuge auf einmal operiert und von einer einzigen Triebkraft, welche immer ihre Form, bewegt wird.“ (Marx, Karl. Das Kapital. Erstes Buch. 13. Kapitel. Maschinerie und Grosse Industrie.)

Die Revolution hat also längst begonnen und tritt in die nächste Phase – Industrie 4.0.

Weblinks:

Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden. [Rosa Luxemburg]