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Ein Segeltörn mit dem Großsegler Roald Amundsen

Auf dem Segelschiff Roald Amundsen sitzen alle in einem Boot und müssen zusammen an einem Strang ziehen. Dies macht die Reise mit einem der wenigen Großsegler, neben Gorch Fock und Alexander von Humbold unter deutscher Flagge, so interessant. Das Boot gehört zu eingetragen gemeinnützigen Verein. Lernen kann man hier nicht nur Segeln, sondern auch sich selbst und die Welt besser kennen. Teil der Mannschaft sind außer erfahrenen Nautikern und Seemännern auch Menschen ohne Vorwissen. Sie sollten bei den Gedanken an eine solche Reise nicht gleich die Segel streichen. Wer dann Feuer gefangen hat kann sich an Bord ein Ausbildungsnachweis erstellen lassen. Erlernte Fähigkeiten werden in einem blauen Heftchen bestätigt. In mehreren Stufen wird man so vom Trainee zum Anwärter für die Deckshand und kann später als Mitglied der Stammcrew die Weltmeere erkunden. Dass das Segeln auf einem traditionellen Segelschiff nicht einfach ist, liegt auch an der technischen Entwicklung unserer heutigen Zeit. Die Meere werden seit jeher für den Handel befahren. Früher konnte ein Großsegler gegen den Wind kreuzen, heute müssen sich alle Schiffe vor allem in der Nähe von Seehandelswegen an Verkehrstrennungsgebiete halten. Auf dieser Fahrstraße für Schiffe sind Falschfahrer und Fahren in Schlangenlinien genauso verboten, wie auf der Autobahn. Wer von der Fahrrinne abgekommen ist muss sich vor Grenzschutz-, Naturschutz- und Offshore-Windparks hüten. Schnell sieht man wie klein die Welt doch eigentlich ist. Vor allem wenn ringsherum riesige Container- und Frachtschiffe, wie an einer Perlenschnur aneinandergereiht, vorbei ziehen. Ein Segelschiff wie die Roald Amundsen, dass sich auf seinem Rolling Home Törn von der weiten Welt zurück in den Heimathafen befindet, kann also nicht selbstverständlich seiner eigentlichen Bestimmung nachgehen. Gegenwind bekommt das Segelschiff damit auch aus einer ganz anderen Richtung und macht ihm zu Schaffen. Ein gut getaktetes Welthandelssystem macht die Bananen im Supermarkt zwar günstig, duldet aber auch auf dem Meer keine Quertreiber. So wird auch der Motor der Brigg von Jan-Uwe angeworfen, um just in time im sicheren Hafen einzulaufen.

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Brigg Roald Amundsen in Helgoland

Doch zu Beginn eines Törns ist eine Einweisung und Ausbildung nötig, um Segeln zu können. Dafür wird die Zeit genutzt. Wer an Bord kommt und mitsegeln will wird sofort eingespleißt. Das Wort beschreibt in der Seemannssprache die Methode, zwei ggf. unterschiedliche Taue reißfest miteinander zu verweben. Das funktioniert auch mit der Crew, am Ende sind alle zusammengeschweißt und erleben Kameradschaft. Obwohl hier die unterschiedlichsten Menschen aus allen biografischen und geografischen Richtungen aufeinander stoßen funktioniert dies gut. Anstatt sich aus dem Weg gehen zu können, müssen alle Hand in Hand zusammenarbeiten. Da läßt sich auch Harald, leitender Kriminalpolizist in Süddeutschland, von einem ehemaligen Kleinkriminellen Kommandos geben. Denn hier auf dem Schiff ist er sein Vorgesetzter und weiß besser, wie wir alle sicher durch den Sturm kommen. Bei einer menschlichen Umgangsweise stört das auch niemanden an Bord. Diversität macht das Leben eben interessanter. Die Rolle zu Hause interessiert hier niemanden, hier sind alle gleich und ziehen an einem Strang. Auch der 77-jährige Eckard muss in seiner Wachgruppe vor der 20-jährigen Laura antreten und Anweisungen von ihr entgegennehmen. Da sie ihren Job gut macht, gibt es keine Probleme mit Querulanten. Jeder ist freiwillig da und die Führung zeichnet sich nicht nur durch bloße Amtsautoriät aus. Am Ende zählt das Wort des Kapitäns, der anscheinend die Verantwortung für alles trägt. Sicherheit für Schiff und Personal, Einhaltung des Zeitplans, Gesundheit und Moral der Truppe. Mit seiner Unterschrift bezeugt er dem Zoll, dass alle ihre Mitbringsel aus einer Steueroase richtig angegeben haben. Am Ende des Törns nimmt er sogar die Kioskkasse persönlich von Bord. Somit ist sein Wort auf dem fahrenden Schiff Gesetz. Zur Seite steht ihm neben den Steuermännern Maik, René und Hannes vor allem auch der Schiffskoch, Smutje Otto. Da an Bord niemand weglaufen kann muss besonders bei der Verpflegung für Zufriedenheit gesorgt werden. Dies ist dem Iren Otto bestens gelungen. Dabei hat ihm auch jeder im Rahmen seiner Dienstzeit geholfen. Beim Backschafts-Dienst unterstützt man den Smutje bei der Arbeit. Doch auch an und unter Deck wird Dienst geschoben. Im Drei-Wachsystem arbeitet man entweder von 08- 12 und 20- 0 Uhr, oder 12- 16 und 0- 04 Uhr bzw. 16- 20 und 04- 08 Uhr. Zur Arbeit zählt nicht nur Segel setzten, Masten aufentern und Manöver fahren. Rudergang, Ausguck, Brand-, Hafen- und Ankerwache sind ebenso Teil der Arbeit wie Reinigungs- und ggf. Instandhaltungsarbeiten.

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Segel auspacken auf dem Großsegler

Auch wenn Segeln beim Rolling Home Törn nicht immer im Mittelpunkt steht, so bietet das Segelschiff ein Erlebnis jenseits des Alltags. Der Rest der Welt ist weit weg und die Privatsphäre kippt man über Bord. Man kann sich und andere in Ruhe beobachten, das Schicksal liegt in den Händen eines Kapitäns. Wohin die Reise auch geht, weglaufen geht nicht, weitermachen vielleicht, doch nach vorne blicken muss man in jedem Fall.

Klar zum Segel setzen

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Nach dem Frühstück macht die Vortopp-Wache klar zum Segel setzen.
Bei 6 Knoten Windgeschwindigeit wird fast unter Vollzeug gesegelt. Außerdem wird der letzte Tag vor dem Mittagessen für die Decksreinigung genutzt.

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Nach einer Halse mit Wind von Achtern werden am Nachmittag die Vorbereitungen für das Einlaufen getroffen. Um 15:25 Uhr geht dem Wind die Puste aus und der Motor dient zur Unterstützung.
Am Abend um 17:55 Uhr legt die Brigg dann in Kiel am Kai.

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Los geht’s

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Die Roald hat gestern in der Strander Bucht geankert und ist bereit für die Ostsee. Die Stagssegel werden um 08:00 Uhr augepackt.

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Roald Amundsen aus Sicht vom Klüverbaum
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Roald Amundsen von Achtern

Beim Segel setzen zeigt sich auch die Sonne.

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Sonnendeck der Roald Amundsen

Vor dem nächsten Manöver wird erstmal Kraft getankt und Siesta gemacht.

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Brigg Roald Amundsen ankert vor Kiel

Nach einem schönen Segeltag bei mässiger Windstärke und viel Sonnenschein endet der Tag wieder am Ausgangspunkt in der Strandener Bucht. Unter Manöverbedingungen musste sich die Crew an eine neue Lage gewöhnen und langsam Routine entwickeln. Nun freuen sich alle auf den morgigen Tag.

Der Captain serviert uns ab

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Nachdem wir am Nachmittag von der Nordsee in den 52 Meilen langen Nord-Ostsee Kanal geschleust worden sind, servieren diesmal der Captain und seine Steuermänner die gewohnten Köstlichkeiten des Smutjes Otto ihrer Seemannschaft. Beim vorgezogenen Captains dinner gehört auch der Abwasch
von Navigatoren und Schiffslenker zum guten Ton der Crew.

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Heute gilt es nur noch auf einen Pegel zu achten und damit ist diesmal nicht der Wasserpegel gemeint. Schuld daran ist allein…der Captain.

Gegen den Wind

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Wir sehen gegen 27 Uhr die Insel Texel an der Steuerbordseite, der Wind bläst uns von Nordost entgegen.

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Die Segel am Vortopp werden am Nachmittag wieder geborgen, nachdem der Wind gedreht hat. Gegen Mittag sind Vor- und Großtopp bei herrlichem Sonnenschein gebrasst worden, um den Wind von der richtigen Seite in die Segel zu bekommen. Zunächst wurden Vorstengestag, Großstengestagsegel und Außenklüver gesetzt. Es folgten die Sturmsegel Obermars und Untermarssegel am vorderen Mast, dem Vortopp. Nach dem Setzen der Fock, dem größten Segel unten am Vortopp durch die Wachablösung sollte nun die Segel am Großmast, Großtopp genannt, gesetzt werden. Doch nun weht für uns ein anderer Wind. Nach dem Ausrichten der Rahen, an denen die Segel horizontal befestigt sind, in die dem Wind zugewandte Seite, hat der Wind leider gedreht. Nun kommt er wieder von vorne. Zum kreuzen ist im Verkehrstrennungsgebiet auf dem Kanal jedoch nicht genug Platz. Die Segel müssen wieder befestigt werden. Um sechs Uhr läutet die Glocke das Abendessen ein.