Arbeiterstreik

Arbeiter haben erneut ihre Werktätigkeit eingestellt, die Gewerkschaft Ver.di hat die Amazon-Beschäftigten an vier Standorten in Deutschland zu einem Streik aufgerufen. Bis zum Ende der heutigen Nachtschicht wird die Arbeit an den Versandzentren in Leipzig, Bad Hersfeld, Graben bei Augsburg und im nordrhein-westfälischen Rheinberg niedergelegt, berichtet Spiegel Online.

‹‹”Der Leistungsdruck nimmt mittlerweile unmenschliche Züge an”, sagte Ver.di-Streikleiter Thomas Gürlebeck. Amazon-Mitarbeiter klagten über befristete Verträge, extremen Leistungsdruck und unzureichende Arbeits- und Pausenregelungen. Zudem bekämen die Mitarbeiter zum Teil mehrere Hundert Euro weniger, als ihnen nach den Tarifverträgen des Einzel- und Versandhandels zustehen würden.››  (Spiegel Online. 22.09.14)

Der Zeitpunkt des Warnstreiks kann für den Konzern nur als gutmütiges Entgegenkommen der Arbeitnehmervertreter angesehen werden, denn vor dem Weihnachtsgeschäft ist wieder mit steigendem Umsatz und damit verbundenen Arbeitsanforderungen zu rechnen.

Doch der US-Konzern weiß sich mit angelsächsischen- und marktliberalen Methoden dem globalen Wirtschaftssystem gut anzupassen. Wie sonst könnte Jeff Bezos alias Bezos Gnadenlos so erfolgreich geworden sein? Natürlich sind auch wir Teil dieser Erfolgsgeschichte.  Amazon-Gründer Bezos hat eben den Dreh raus. Für die Ansiedelung seiner Versandzentren hat der US-Konzern ca. 14 Millionen Euro Subvention vom deutschen Steuerzahler bekommen, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.  Das Geld der Bürger sollte also der Schaffung von Arbeitsplätzen hierzulande dienen.

“ Viele Leih- und Saisonarbeitskräfte sind bei dem Unternehmen beschäftigt. Gewerkschaftsangaben zufolge sollen in manchen Versandzentren fast 80 Prozent aller Beschäftigten befristet arbeiten.“ (Jannis Brühl. In: SZ. 22.03.13)

Arbeitsamt und Jobcenter schicken den „Leistungsbezieher“ gerne zum neuen Arbeitgeber, um ihre Vermittlungsquoten zu erfüllen.

‹‹Für einen Dreimonatsvertrag soll er [der Arbeitslose. d.V.] zwei Wochen zur Probe arbeiten. Ohne Bezahlung… Kostenlos zur Probe arbeiten müssen dabei lediglich Arbeitslosengeldempfänger. “Bewerber, die über die Arbeitslosenvermittlung zu uns kommen”, teilt Amazon auf Anfrage von ZEIT ONLINE mit, “erhalten für eine kurze Zeit weiterhin ihre Bezüge von der Agentur für Arbeit, da das Training die Wiedereingliederungsaussichten in den Arbeitsmarkt verbessert.” ››  (Anne-Sophie Lang. In: ZEIT Online. 07.11.11)

Das scheint sich also für alle zu lohnen – fast alle. Bei Amazon in Deutschland steckt man einen Arbeiterstreik leichter weg, wenn die Gesetze des Freien Marktes im Sinne des  Unternehmens genutzt werden können. Die Gewinne sind hoch, die Abgaben niedrig, Steuern zahlt man selbst ohnehin kaum. Wozu gibt es denn die Einkommenssteuer? Wenn Arbeiter in Deutschland dem Konzern  langsam zu teuer werden, wird die Arbeit eben ins osteuropäische Ausland verlagert. Die Fördergelder haben sich längst bezahlt gemacht.

‹‹Die Verlagshäuser sollen, beginnend im September, rund 40 Prozent ihrer Bücher, Hörbücher und anderer Medien über neue Logistikstandorte in Polen und Tschechien an ihre inländischen Kunden schicken.

In einem Standardschreiben, das der US-Konzern in diesen Tagen an die Verlage verschickt, werden die “sehr geehrten Vertriebspartner” auf die Eröffnung von zunächst zwei neuen Zentren am 15. und 29. September in Polen hingewiesen…Von Posen und Breslau aus würden Kunden beliefert, die unter der deutschen Website des US-Versenders bestellt hätten, heißt es ausdrücklich in dem Schreiben, das der “Welt” vorliegt: ›› (Die Welt. 08.08.14)

Subventionen und staatlich vermittelte Arbeitnehmer  lassen eher Assoziationen mit sozialistisch geprägter Wirtschaftspolitik aufkommen, doch mit solchen Gedankenspielen wird man wahrscheinlich eher zum Staatsfeind, als zum Vernunftmenschen, degradiert. Die konforme Weltsicht wäre demnach eher die von Bezos & Co. KG. Deutsche Steuergelder für die Expansion in Europa kassieren, Gewinne steigern, Arbeiter kurz halten und Steuern einsparen.

‹‹Amazon hingegen hat Markenrechte, Patente und andere Formen geistigen Eigentums auf eine Gesellschaft in Luxemburg übertragen. Luxemburg erhebt auf Lizenzgewinne kaum Steuern, weswegen es für Amazon lukrativ ist, dass seine europäischen Unternehmenstöchter ihre Gewinne über Lizenzgebühren nach Luxemburg verschieben und nicht an Ort und Stelle versteuern. So konnte Amazon seinen in Deutschland zu versteuernden Gewinn kräftig drücken und musste trotz eines Umsatzes von 8,7 Mrd. Euro lediglich 3,2 Mio. Euro Unternehmensteuer an den deutschen Fiskus abführen.[3] ›› (Axel Troost. In: Blätter für deutsche und Internationale Politik. 12´13)

Was würden die Konzerne nur ohne Milliardengewinne tun? Die Menschen würden ihre Aktien verkaufen und sich wundern, warum ihre Papiere nichts mehr wert sind. Unternehmen und Konzerne wären anfällig vor feindlichen Übernahmen, die Konkurrenz könnte sie schlucken. Um dem Wettbewerb standzuhalten muss gespart werden, als erstes wohl an übermäßig hohem Lohn und Gehalt. Und diese unverschämten Forderungen der Arbeiter und Gewerkschaften.

Ein gutes System für einen freien Markt, ein schlechtes System für den Bürger, die die Gesetze des Kapitalismus für sich zu nutzen versucht und sich dann überlegen muss, ob sich Arbeit überhaupt noch lohnt.

Doch Amazon ist nicht der einzige Konzern, der in der Vorweihnachtszeit vor neuen Tarifverhandlungen steht.

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